Wärme und Präzision
Frankfurter Rundschau
15.10.10
Der Dirigent Paavo Järvi hat alle neun Sinfonien von Beethoven neu eingespielt. Die Klarheit, Transparenz und Balance der Deutschen Kammerphilharmonie ist für große Orchester vermutlich unerreichbar. Nun ist ein Making-of-Film zum "Beethoven-Projekt" auf DVD erschienen
Das Beethoven-Projekt war eine enorme Aufgabe. Es bestand aus einer Einspielung aller neun Sinfonien in der sorgfältigen Sicht- und Herangehensweise der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit ihrem umsichtigen, sprühend intelligenten Chefdirigenten Paavo Järvi.
Beethovens Sinfonien, sagt Järvi, seien kein museales Anliegen, sondern einzigartiger Bestandteil des Kulturerbes, der von jeder Musikergeneration neu überprüft und angeeignet werden müsse. Järvis Aneignung kann sich auf ein Orchester stützen, dessen musikalische Qualitäten bei diesem Projekt Maßstäbe gesetzt haben; und sie setzt auf ein kundiges, zugleich aber immer wieder spekulatives Nachdenken über die Musik, über ihre Nuancen und Absichten, ihre historischen Bezugspunkte, über die Erfahrungen, die in sie eingehen und die sie vermitteln will.
Die Audio-CD-Einspielungen der Deutschen Kammerphilharmonie zeigen eine klangliche Klarheit, Transparenz und Balance, wie sie für große Orchester vermutlich unerreichbar ist. Schon mehrfach hat die Kammerphilharmonie die Sinfonien im Kontext aufgeführt, unter anderem im Jahre 2009 als Höhepunkt des Beethovenfestes in Bonn.
Beharrungsvermögen
Dort entstand der von der Deutschen Welle produzierte Film „Das Beethoven Projekt“ von Christian Berger (Regie) und Christian Kurt Weisz (Bildregie Konzerte). Der Film geht der großen Frage nach, wie so ein Produkt zustande kommt. Er zeigt die Musiker bei der Arbeit und im Privatleben und die Berührungen zwischen beiden Lebensbereichen; er lässt Paavo Järvis jetsethafte Umtriebigkeit und globale Überfliegerei in einen erstaunlichen Gegensatz zu einer tief europäischen Kulturverbundenheit und einem ruhigen, fast konservativen Beharrungsvermögen bei Beethoven treten.
Die Kamera beobachtet Järvi immer wieder bei Proben, wo er eine große Wärme und pointierte Präzision für die Musiker und die Musik zeigt; er begleitet den Dirigenten in Tallinn, jener Stadt im Norden, die er mit seiner Familie im Kindesalter verlassen hat, und er zeigt ihn, last but not least, bei dem denkwürdigen Konzert auf dem Beethovenfest in Bonn.
Nach einer exklusiven Premiere im September in Berlin wird der Beethoven-Film nun in vier Teilen bei DW-TV gezeigt (noch am 16., 23., 30. Oktober). Sony hat die Rechte am Film und an den Aufnahmen der Bonner Gesamteinspielung erworben und bringt die drei Konzerte in einer DVD-Box heraus. Dazu gibt es den Film der Deutschen Welle als Bonus-DVD.
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