NDR Elbphilharmoniker unter Paavo Järvi in subtiler Bestform
welt.de
11.11.2017
Komponisten müssen nicht mit offenen Karten spielen. Schostakowitsch war so ein Meister des Verschleierns. Er legte derart geschickt falsche Fährten, dass Stalins Schergen ihm abnahmen, eigentlich ein ganz braver Sowjet zu sein. Als Paavo Järvi jetzt den gigantischen 80-Minüter der Leningrader Sinfonie mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester zur Aufführung brachte, wirkte der schöne Schein freilich als genau das, was er ist: als ein doppelter Boden, der aus arg dünnem Eis ist. Gustav Mahler sei ein schlechter Ja-Sager gewesen, befand Musikphilosoph Adorno einst mit Blick auf die für ihn wenig glaubhaften Momente der Affirmation in dessen Sinfonik.
Dmitrij Schostakowitsch war womöglich der viel schlechtere Ja-Sager. Wo er im Angesicht der Belagerung Leningrads durch die Wehrmacht anno 1941 C-Dur-Jubeltöne schreibt, da dröhnt es so gewaltig, dass man ihm keinen Ton glauben mag. Järvi dirigiert solche Stellen mit derart nüchtern ruhiger Hand und klarer Zeichengebung, so wohl disponierend kühlkopfig, dass die Musik so gar nicht schwitzt. Gerade diese kluge Distanz setzt große Fragezeichen hinter manches als plakativ entlarvte sozialistische Idyll – wie im ersten Satz, hinter manch tränenreiche Melancholie – wie im zweiten, oder hinter die volksnahe Lebensfreude – wie im dritten.
Die NDR-Sinfoniker sind in subtiler Bestform, die Blechbläsersalven der „Invasions-Episode“ aber bringen die Elphie an ihre akustischen Grenzen: Da dirigiert Järvi ohne Rücksicht auf Verluste und lässt Posaunen und Trompeten ohrenbetäubend schmerzhaft plärren. Zuvor spielte Frank Peter Zimmermann hübsch kontrastdramaturgisch Beethovens vertracktes Violinkonzert mit dem ihm eigenen noblen Virtuosenton, traumwandlerisch allen Doppelgriff-Unspielbarkeiten trotzend, im Finale in zugespitzter Vitalität und mit einer tollkühnen Kadenz.
Komponisten müssen nicht mit offenen Karten spielen. Schostakowitsch war so ein Meister des Verschleierns. Er legte derart geschickt falsche Fährten, dass Stalins Schergen ihm abnahmen, eigentlich ein ganz braver Sowjet zu sein. Als Paavo Järvi jetzt den gigantischen 80-Minüter der Leningrader Sinfonie mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester zur Aufführung brachte, wirkte der schöne Schein freilich als genau das, was er ist: als ein doppelter Boden, der aus arg dünnem Eis ist. Gustav Mahler sei ein schlechter Ja-Sager gewesen, befand Musikphilosoph Adorno einst mit Blick auf die für ihn wenig glaubhaften Momente der Affirmation in dessen Sinfonik.
Dmitrij Schostakowitsch war womöglich der viel schlechtere Ja-Sager. Wo er im Angesicht der Belagerung Leningrads durch die Wehrmacht anno 1941 C-Dur-Jubeltöne schreibt, da dröhnt es so gewaltig, dass man ihm keinen Ton glauben mag. Järvi dirigiert solche Stellen mit derart nüchtern ruhiger Hand und klarer Zeichengebung, so wohl disponierend kühlkopfig, dass die Musik so gar nicht schwitzt. Gerade diese kluge Distanz setzt große Fragezeichen hinter manches als plakativ entlarvte sozialistische Idyll – wie im ersten Satz, hinter manch tränenreiche Melancholie – wie im zweiten, oder hinter die volksnahe Lebensfreude – wie im dritten.
Die NDR-Sinfoniker sind in subtiler Bestform, die Blechbläsersalven der „Invasions-Episode“ aber bringen die Elphie an ihre akustischen Grenzen: Da dirigiert Järvi ohne Rücksicht auf Verluste und lässt Posaunen und Trompeten ohrenbetäubend schmerzhaft plärren. Zuvor spielte Frank Peter Zimmermann hübsch kontrastdramaturgisch Beethovens vertracktes Violinkonzert mit dem ihm eigenen noblen Virtuosenton, traumwandlerisch allen Doppelgriff-Unspielbarkeiten trotzend, im Finale in zugespitzter Vitalität und mit einer tollkühnen Kadenz.
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