Järvi und Brahms auf dem Weg nach Frankreich
Pizzicato15.04.2020
Am 10. April 1868 wurde das Deutsche Requiem von Johannes Brahms im Dom zu Bremen uraufgeführt. 150 Jahre später dirigierte Paavo Järvi am Urtaufführungsort eine großartige, wunderbar geatmete Aufführung der Komposition, die jetzt, ansprechend und einfühlsam gefilmt, auf DVD und Blu-ray vorliegt.Paavo Järvi legt in seiner Interpretation viel Wert auf leicht-schwebende Klänge, er arbeitet das Ätherische der Musik heraus, um es mit den kräftigeren Passagen erfolgreich zu kontrastieren. Dabei passt er sich der Kirchenakustik an, die sowieso alle Kanten entschärft, so sehr sich die Tontechniker auch bemühten, den Klang im Hall nicht zu sehr völlig konturenlos werden zu lassen. Insgesamt rückt der Dirigent das Brahms-Werk aus der norddeutschen Ecke heraus näher zu den französischen Requiem Vertonungen von Duruflé und Fauré.Es gibt viele berückende Momente in dieser Interpretationen, und der Lettische Staatschor singt wunderbar nuanciert (wenn auch wenig textverständlich).Matthias Goerne singt den Baritonpart mit grandios geführter, wohl artikulierender Stimme. Nicht weniger beeindruckend ist Valentina Farcas mit einer klar geführten, sehr ausgeglichenen Stimme und einer bewegenden Ausdruckskraft.Järvi nimmt manchmal eher schnelle Tempi, aber das hindert ihn nicht, den Atem der Musik vollauf zu respektieren. Sein Orchester kämpft recht gut gegen die Akustik, es gibt wunderbar klare Passagen, wenn das Orchester reduziert spielt, aber in den Tutti geht natürlich viel verloren.Auf der anderen Seite mag der Ort der Uraufführung zur Inspiration der Musiker und ganz sicher des Dirigenten beigetragen haben. Bild und Ton mischen sich jedenfalls hier zu einem Ganzen und geben der Aufführung eine starke, bewegende Wirkung.On April 10, 1868, the German Requiem by Johannes Brahms was premiered in Bremen Cathedral. 150 years later, Paavo Järvi conducted a magnificent, wonderfully breathed performance of the composition at the place of its premiere. Attractively and sensitively filmed, it is now available on DVD and Blu-ray.
In his interpretation Paavo Järvi attaches great importance to light, floating sounds; he brings out the ethereal nature of the music in order to successfully contrast it with the more powerful passages. In doing so, he adapts to the church acoustics, which defuses all edges anyway, no matter how hard the sound engineers tried not to let the sound become completely contourless. Overall, the conductor brings the Brahms work closer to the French Requiem settings by Duruflé and Fauré.There are many enchanting moments in these interpretations, and the Latvian State Choir’s singing is wonderfully nuanced (though not very comprehensible).Matthias Goerne sings the baritone part with a grandiose, well-articulated voice. No less impressive is Valentina Farcas with a clearly led, very balanced voice and a moving expressiveness.Järvi sometimes takes a rather fast tempo, but this does not prevent him from fully respecting the breath of the music. His orchestra fights quite well against the acoustics, there are wonderfully clear passages when the orchestra is reduced, but in the tutti, of course, much is lost.On the other hand, the location and the occasion as well may have contributed to the inspiration of the musicians and certainly of the conductor. In any case, image and sound blend into a whole here and give the performance a strong, moving effect.
https://www.pizzicato.lu/jarvi-und-brahms-auf-dem-weg-nach-frankreich/
Am 10. April 1868 wurde das Deutsche Requiem von Johannes Brahms im Dom zu Bremen uraufgeführt. 150 Jahre später dirigierte Paavo Järvi am Urtaufführungsort eine großartige, wunderbar geatmete Aufführung der Komposition, die jetzt, ansprechend und einfühlsam gefilmt, auf DVD und Blu-ray vorliegt.Paavo Järvi legt in seiner Interpretation viel Wert auf leicht-schwebende Klänge, er arbeitet das Ätherische der Musik heraus, um es mit den kräftigeren Passagen erfolgreich zu kontrastieren. Dabei passt er sich der Kirchenakustik an, die sowieso alle Kanten entschärft, so sehr sich die Tontechniker auch bemühten, den Klang im Hall nicht zu sehr völlig konturenlos werden zu lassen. Insgesamt rückt der Dirigent das Brahms-Werk aus der norddeutschen Ecke heraus näher zu den französischen Requiem Vertonungen von Duruflé und Fauré.Es gibt viele berückende Momente in dieser Interpretationen, und der Lettische Staatschor singt wunderbar nuanciert (wenn auch wenig textverständlich).Matthias Goerne singt den Baritonpart mit grandios geführter, wohl artikulierender Stimme. Nicht weniger beeindruckend ist Valentina Farcas mit einer klar geführten, sehr ausgeglichenen Stimme und einer bewegenden Ausdruckskraft.Järvi nimmt manchmal eher schnelle Tempi, aber das hindert ihn nicht, den Atem der Musik vollauf zu respektieren. Sein Orchester kämpft recht gut gegen die Akustik, es gibt wunderbar klare Passagen, wenn das Orchester reduziert spielt, aber in den Tutti geht natürlich viel verloren.Auf der anderen Seite mag der Ort der Uraufführung zur Inspiration der Musiker und ganz sicher des Dirigenten beigetragen haben. Bild und Ton mischen sich jedenfalls hier zu einem Ganzen und geben der Aufführung eine starke, bewegende Wirkung.On April 10, 1868, the German Requiem by Johannes Brahms was premiered in Bremen Cathedral. 150 years later, Paavo Järvi conducted a magnificent, wonderfully breathed performance of the composition at the place of its premiere. Attractively and sensitively filmed, it is now available on DVD and Blu-ray.
In his interpretation Paavo Järvi attaches great importance to light, floating sounds; he brings out the ethereal nature of the music in order to successfully contrast it with the more powerful passages. In doing so, he adapts to the church acoustics, which defuses all edges anyway, no matter how hard the sound engineers tried not to let the sound become completely contourless. Overall, the conductor brings the Brahms work closer to the French Requiem settings by Duruflé and Fauré.There are many enchanting moments in these interpretations, and the Latvian State Choir’s singing is wonderfully nuanced (though not very comprehensible).Matthias Goerne sings the baritone part with a grandiose, well-articulated voice. No less impressive is Valentina Farcas with a clearly led, very balanced voice and a moving expressiveness.Järvi sometimes takes a rather fast tempo, but this does not prevent him from fully respecting the breath of the music. His orchestra fights quite well against the acoustics, there are wonderfully clear passages when the orchestra is reduced, but in the tutti, of course, much is lost.On the other hand, the location and the occasion as well may have contributed to the inspiration of the musicians and certainly of the conductor. In any case, image and sound blend into a whole here and give the performance a strong, moving effect.
https://www.pizzicato.lu/jarvi-und-brahms-auf-dem-weg-nach-frankreich/
Comments