Kristjan Plays Zappa!

How did I happen to miss this great article about Paavo's brother Kristjan in the Hannoversche Allgemeine Zeitung? Well, here it is now--better late than never!
Dirigent Kristjan Järvi erfindet mit Frank Zappa die Klassik neu – am Freitag auch in Hannover.
Von Stefan Arndt, 23.11.2005

Skepsis ist Kristjan Järvi gewohnt. Seit mehr als zehn Jahren mischt der heute 33-jährige Dirigent in seinen Konzerten Klassik, Jazz und Rockmusik munter durcheinander. Für den sortenreinen Geschmack klassischer Musikfreunde ist das zumindest ungewöhnlich. Doch Järvi wundert sich über Bedenken. „Ich spiele keine unkonventionellen Programme”, sagt er, „ich möchte nur die klassische Tradition in das heutige Musikleben zurückbringen.”

Im hannoverschen Funkhaus probt Järvi für sein Konzert mit der NDR-Radiophilharmonie am Freitag. Ein Drumset trommelt laut, ein E-Bass erdet die Bläsereinwürfe des Orchesters, die Streicher sind nur tremolierender Hintergrund. Ausgerechnet mit „Peaches in Regalia” von Frank Zappa, dem Fleisch gewordenen Kulturschock, möchte Järvi eine neue Klassik etablieren. „Im 18. und 19. Jahrhundert waren Konzerte echte Events. Die Menschen waren scharf darauf, neue Musik zu hören. Sie waren auf der Höhe ihrer Zeit”, sagt Järvi. „Ich will auch die Menschen ansprechen, die sich nicht für Klassik interessieren. Ich möchte, dass jeder Konzertbesucher froh ist, dabei zu sein. Und dass er wiederkommt.”

Auf der Höhe der Zeit zu sein bedeutet auch, Zukunft zu sichern. „Wir können uns nicht nur auf die Abonnenten verlassen. Bald wird es vielleicht gar keine mehr geben. Und ohne Zuhörer gibt es für uns Musiker keine Arbeit.” Die herkömmliche Programmgestaltung hält Järvi für hoffnungslos überkommen. „Es gibt immer nur die gleichen Stücke, weil es bequem ist. Die Musiker brauchen sich nicht auf neue Stücke einzulassen und das Publikum auch nicht. Das richtige Erlebnis bleibt im Konzert auf der Strecke.”

Ein Erlebnis ist für Järvi die Kommunikation zwischen Musikern und Zuhörern. „Man muss die Wand zwischen Bühne und Zuschauerraum durchdringen. Eine Bühne ist kein Museum. Wenn dort vor lauter Kunst nur ernste Gesichter gemacht werden, gibt es auch im Saal nur ernste Gesichter. Wenn man aber Spaß vermitteln kann, bekommt man auch positive Reaktionen zurück. So entsteht ein sehr inspirierendes Gemeinschaftsgefühl, das man eben nur im Konzert erleben kann.”

Bei aller Begeisterung für das Konzert der Zukunft – ganz aus dem Blick verloren hat Järvi die Tradition nicht. Als „Assistant Conductor” des Los Angeles Philharmonic Orchestra, als Chef der schwedischen Norrlands Opera und des österreichischen Tonkünstler-Orchesters kann er sich sehr wohl für Bruckner oder Mahler begeistern. Schließlich stammt er aus einer erfolgreichen estnischen Musikerfamilie – Vater Neemi und der ältere Bruder Paavo sind international gefragte Dirigenten. Doch mit einem Schulterzucken kann Järvi diese Tradition auch wieder abwerfen. „Das Publikum, das Bruckner mag, wird immer kleiner. Wir klassischen Musiker müssen uns der Welt, in der wir leben, anpassen.”

Järvi leitet das NDR-Pops-Orchestra bei „Short Ride In A Fast Machine – Frank Zappa meets Steve Reich” am Freitag, 20 Uhr, im Funkhaus Hannover. Karten: (0511) 9882999.

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