Grafenegg: Buchbinder brilliert mit Dresdnern

29.08.2010 | 18:55 | EWALD BARINGER (Die Presse)

Beethoven-Abend der Staatskapelle unter Paavo Järvi. Solist, Orchester, Dirigent sind bestens aufeinander eingespielt. 6500Besucher in vier Tagen.


Mit zweimal Beethoven, jeweils Nummer fünf, auf Nummer sicher: Rudolf Buchbinder, Intendant des Musik-Festivals Grafenegg, das in den ersten vier Tagen bereits 6.500Besucher verzeichnen konnte, hat am Freitagabend gleichsam bei sich selbst gastiert und im Auditorium gemeinsam mit der Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Paavo Järvi beim Klavierkonzert Nr.5 Ovationen des Publikums eingeheimst.

Dass Solist, Orchester und Dirigent so gut aufeinander eingespielt wirkten, kam nicht von ungefähr – waren doch bereits drei Konzerte in der Dresdner Semperoper vorangegangen. Dort wird Buchbinder in sieben Matineen auch Beethovens 32Klaviersonaten zur Aufführung bringen und während der Saison 2010/2011 der Staatskapelle Dresden als Artist in Residence besonders eng verbunden sein. In der erstmals eingerichteten Position des „Capell-Virtuosen“ wird er mit dem Orchester, dem dann ab 2012 Christian Thielemann als Chefdirigent vorstehen wird, in Dresden und im Rahmen einer USA-Tournee konzertieren.

Frenetischer Applaus

In Grafenegg funktionierte das Zusammenspiel jedenfalls bestens, selbst heikle Übergänge glückten weich wie auf Wolken, jedoch in absoluter Präzision. Buchbinder zelebriert Beethoven mit allen pianistischen Weihen, ausgefeilter Anschlagskultur und Sinn für Balance wie Attacke. Klanglich besonders schön gelang der zweite Satz. Das Finale aus der „Pathétique“ folgte als Dank für den frenetischen Applaus.

Nicht restlos überzeugend – und das ist in diesem Fall wohl auch zu viel erwartet – geriet dann die fünfte Symphonie, wenngleich sich von Beginn an dramatische Spannung auflud. Erst im Schlusssatz stellte sich die große Linie ein. Traumhaft poetisch: Sibelius' Valse triste als Zugabe.

Immer wieder aufschlussreich ist der Besuch der Einführungsvorträge. Diesmal verblüffte der deutsche Musikwissenschaftler und Kulturpolitiker Peter Zacher mit einer sympathischen Portion Selbstironie und dem Eingeständnis, statt über solch populäre Stücke lieber über weniger Bekanntes, jedoch ebenso Aufführenswertes wie Keith Emersons Klavierkonzert oder Werke von Mikis Theodorakis sprechen zu wollen.

Doch auch zu Beethoven fiel ihm allerlei ein, und sei es der „Krämerspiegel“ von Richard Strauss nach Texten von Alfred Kerr, in dessen Verlauf u.a. die Erkenntnis zu gewinnen ist, dass der Sprechrhythmus des Götzzitates mit dem prägnanten Eingangsmotiv der Fünften Beethovens tatsächlich kompatibel ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2010)

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