Beethovenfest DKAM



August 31, 2008
Beethovenfest
Noten machen Politik
Von H.D. Treschüren, 31.08.08, 18:57h
Das Eröffnungskonzert probte gleich den Ernstfall. Doch mit Arnold Schönbergs „Ode to Napoleon“ zwischen Beethovens „Leonoren“-Ouverüre Nr. 3 und 9. Sinfonie hat das Thema „Macht.Musik“ des diesjährigen Beethovenfestes hoch respektabel bestanden.
Bonn - Paavo Järvi und seine Deutsche Kammerphilharmonie aus Bremen haben gleich in der ausverkauften Beethovenhalle den Finger auf den ominösen Punkt zwischen Macht und Musik gelegt. Macht Musik! bedeutet der, aber verweist auch auf den Missbrauch von Musik. Den Auftrag der Composer´s League an ihn benutzte Schönberg 1942 im amerikanischen Exil, um mit Lord Byrons 19-Strophen-Pamphlet gegen Napoleon nun seinerseits zur Abrechnung mit Hitler aufzurufen.
Die Musik für Rezitator, Klavier, Streichquartett wurde neben dem „Überlebenden aus Warschau“ Schönbergs zweiter Großversuch im aktuell Politischen. Musikalische Anspielungen, etwa aus der „Eroica“, passten ins Beethovenfest, sogar der Es-Dur-Schluss für eine Zwölftonpartitur. Zweifellos ist auch Schönberg ein Beispiel für die Benutzbarkeit von Musik. Wahrscheinlich ist es aber auch Schönberg, der Byrons Gedicht rettet.
Hier auch mit Hilfe von HK Gruber, dem Wiener Chansonnier, Komponisten und Dirigenten, der ohne jedes Pathos den Text schnell und ohne deklamatorisches Abgleiten in die heftige, fast schrille musikalische Textur einstellte. HK Gruber dirigierte gestern übrigens auch das Bonner Orchester mit einem spannenden Programm von Hanns Eisler, Kurt Weill und Eigenem.
Järvis Bremer Kammerphilharmonie hatte beim Auftakt den hellen Jubel auf ihrer Seite. Sein Orchester ist eins der fixesten, er selbst sowieso: 63 Minuten für Beethoven 9. Sinfonie ist schon rekordverdächtig. Aber mit den Bremern kann er das riskieren. Die Musik bekam einen prächtigen Drive. Das „De profundis“ des Anfangs ist nicht so sehr seine Sache. Dafür aber vertritt er umso heftiger das säkulare Glaubenskenntnis an eine humane Gesellschaft. Seine „Neunte“ steht ganz in diesem Leben, dafür hat er auch fabelhafte Musiker. Wie das schnelle, feine Horn im zweiten Satz (Trio).
Es bleibt bei Järvi alles klein und transparent besetzt. Der Deutsche Kammerchor für das Chorfinale spielte eine exzellent Rolle. Wie natürlich auch das von Christiane Oelze prominent angeführte Vokalquartett im Schluss-Satz. Auch die drei anderen Stimmen waren perfekt ausgewählt mit der ausdrucksstarken Annerly Peebo, dem fabelhaften Steve Davislim in der schwierigen Tenorpartie sowie, last noch least, Matthias Goerne für das berühmte „Freunde, nicht diese Töne“ gleich am
Anfang.

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