Sinfonische Entdeckung
KLN.NHA.38
6. August 2012
Werner Fritsch
Unser CD-Tipp
Sinfonische Entdeckung
Anton Bruckner und Gustav Mahler stehen für mit ihren Sinfonien für gegensätzliche Ausdruckswelten.
Nicht von ungefähr werden Bruckners Werke in ihrer groß angelegten Architektur mit Kathedralen verglichen, während Mahlers Sinfonien eher großen Dramen gleichen.
Erst mit der posthumen Uraufführung von Hans Rotts erster Sinfonie im Jahr 1989 wurde klar, dass beide sinfonischen Welten durchaus verbunden sind. Rott (1858–1884) war Schüler Bruckners und Studienkollege
Mahlers am Wiener Konservatorium - und in seiner Musik verbinden sich Einflüsse Wagners und Bruckners mit Elementen einer neuen Musiksprache, die Mahler in seinen Sinfonien voll entwickeln sollte. Rotts tragisches persönliches Schicksal - er wurde 1880 schwer psychisch krank und starb vier Jahre später in einer Anstalt an Tuberkulose - hatte zur Folge, dass sein Werk zu Lebzeiten nicht bekannt wurde. Mahler wusste aber, was er Rott verdankte und nannte ihn den „Begründer der neuen Symphonie, wie ich sie verstehe“.
Seit ihrer Wiederentdeckung in den 1980ern hat Rotts fast einstündige Sinfonie viel Anerkennung erfahren. Mit der neuen Einspielung durch Paavo Järvi und das Radio-Sinfonieorchester Frankfurt liegt sie nun endlich auch in einer erstklassigen Interpretation vor, die den ganzen farblichen, aber auch formalen Reichtum dieser Musik zur Geltung bringt.
Als Ersteinspielung enthält das Album außerdem zwei Sätze einer auf vier Sätze angelegten Orchestersuite in B-dur. Der Musikwissenschaftler Johannes Volker Schmidt hat eine spielbare Fassung der beiden großen Satzfragmente erstellt. Insbesondere der letzte Satz, eine Fuge, zeigt, wie intensiv sich Rott auch mit
der Barockmusik auseinandergesetzt hat. WERNER FRITSCH
Hans Rott: Sinfonie Nr. 1,
Suite für Orchester. RSO Frankfurt,
Paavo Järvi. Rca Red Seal
(Sony). Wertung: *****
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