Es knistert bei dieser Pianistin

recklinghaeuser-zeitung
Bernd Aulich
22/03/2015
DORTMUND Sie zählt zu den aufregendsten jungen Pianistinnen unserer Zeit. Im Konzerthaus Dortmund begeisterte die 27-jährige Wahl-Pariserin Khatia Buniatishvili ein erwartungsfrohes Publikum zusammen mit dem Orchestre de Paris und dessen Chefdirigenten Paavo Järvi mit dem Klavierkonzert des Norwegers Edvard Grieg.Khatia Buniatishvili. 
Khatia Buniatishvili. Foto: Julia Wesely 

Schon mit ihrem Deutschland-Debüt 2009 beim Klavierfestival Ruhr elektrisierte die gebürtige Georgierin ihre Hörer durch wache Intelligenz und leidenschaftliche Hingabe. Und seit sie 2011 das Festival eröffnen durfte, zählt sie in der Ruhrregion zu den Lieblingen eines Publikums, dem so schnell niemand etwas vormacht Wer über die letzten Jahre hinweg ihren Werdegang verfolgt hat, staunt über den kontinuierlichen Zuwachs an Ausdrucksreife und Gestaltungskraft. Das sind die Voraussetzungen, um Grieg nicht ins Banale abdriften zu lassen. Was hat man seinem Klavierkonzert nicht alles angelastet. Es sei effekthascherisch. Es verharre statisch, bar jeder thematischen Entwicklung. Und es entbehre jeglichen inneren Zusammenhanges. Die kluge Khatia Buniatishvili belehrt uns eines Besseren. In ihrem Grieg-Spiel knistert es vor Spannung. Jenseits der schlichten, aber prägnanten Melodik entdeckt sie eine aufregend avancierte Harmonik. Und noch etwas erstaunt: Welch feingliedrige Sequenz intimer Momente sie mit aller gebotenen Delikatesse sie bei diesem nordischen Meister der pianistischen Miniatur aufspürt. Das schließt den temperamentgeladenen impulsiven Ausbruch keineswegs aus. Kahtia Buniatishvili spielt nicht nur die attacca auftrumpfenden Fortissimo-Arpeggien des Finalsatzes so leidenschaftlich, als ließe Liszt grüßen. Mit großer Gebärde und artistischer Brillanz, ohne hohle Pose Mutig, wie sie in der Einleitung die fallenden Akkorde ins Bodenlose stürzen lässt. Zauberhaft, wie sie die Pianissimi im Adagio wie fragile Seifenblasen hinhaucht. Und wie sie den rustikalen Orchestersatz in den nordischen Tänzen des Finales mit träumerischer Eleganz konfrontiert. Da hört man neu hin. Seinen bei Grieg bewiesenen Rang spielt das Orchestre de Paris vollends in Tschaikowskys fünfter Sinfonie aus - einem beim Publikum nicht minder populären, in der Musikwelt als bombastisch beargwöhnten Werk. Der estnische Dirigent Paavo Järvi vermeidet aufgeblasenes Pathos, wenn er die emotionalen Wechselbäder von versunkener Melancholie zum trotzig furiosen Ausbruch durchschreitet. Järvi versteht sich mit den Pariser Musikern blendend auf die Reibungsmomente. Das gelingt besonders gut in der zündenden Themenballung über vibrierenden Streicherwogen im vierten Satz. Weicher Streicherfluss und organisch entwickelte Forte-Ballungen waren schon zu Beginn dieses mitreißenden Abends in Robert Schumanns Genoveva-Ouvertüre zu bestaunen. Khatia Buniatishvili ist am 23. April beim Klavierfestival Ruhr in der Stadthalle Mülheim und am 19. Mai mit einem Solo-Abend im Konzerthaus Dortmund zu erleben.

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