Fabian Müller und Paavo Järvi in Köln

General-Anzeiger

5. Dezember 2023


Fabian Müller und Paavo Järvi in Köln 

Begeisterung für Haydn und Beethoven

Köln · Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und ihr Chefdirigent begeistern in der

Kölner Philharmonie mit ihrem jüngsten Komponistenprojekt, das Joseph Haydn und seinen

letzten Sinfonien gilt. Dazwischen erinnern sie mit dem ersten Klavierkonzert an ihre

Kompetenz in Sachen Beethoven. Am Flügel: der Bonner Fabian Müller.

05.12.2023 , 17:37 Uhr



Dirigent Paavo Järvi.

Foto: Kaupo Kikkas

Von Bernhard Hartmann

Redakteur Feuilleton


In der Regel hält sich die Vorfreude der Klassikfans in überschaubaren Grenzen, wenn ein

Orchester eine Aufnahmeserie mit Sinfonien von Joseph Haydn ankündigt. In der Trias der Wiener

Klassik, die er gemeinsam mit Mozart und Beethoven bildet, ist er der am meisten unterschätzte

Komponist. Wenn sich aber die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und ihr langjähriger

Chefdirigent Paavo Järvi der Sache annehmen, sieht das ein bisschen anders aus. Das hat Gründe:

Seit sie vor gut anderthalb Jahrzehnten ihren legendären, in enger Zusammenarbeit mit dem Bonner

Beethovenfest entstandenen Beethoven-Zyklus vollendeten, sorgen sie mit ihren

komponistenbezogenen Projekten immer wieder für Furore. Nach Schumann und Brahms ist nun

Haydn mit seinen späten Londoner Sinfonien an der Reihe.

„Orchestra of the Year 2023“

Nachdem sie für ihre Einspielung der Nummern 101 und 103 bereits Kritikerlob eingesammelt

haben und im Oktober per Publikums-Voting vom britischen Klassik-Magazin „Gramophone“ zum

„Orchestra of the Year 2023“ gekürt würden, sind sie derzeit mit den Londoner Sinfonien auf Tour.

Auch beim fast ausverkauften Gastspiel in der Kölner Philharmonie trafen sie auf ein begeistertes

Publikum: So klatschfreudig wie an diesem Abend erlebt man die Kölner selten. Man ließ entgegen

jeder eingeübten Konzert-Etikette praktisch keinen Satz aus, um danach zu applaudieren.

Der Pianist Fabian Müller ist Residenzkünstler in BonnEin Bonner Jahr mit vielen Plänen


Tatsächlich ging es mit der Sinfonie C-Dur Nr. 97 gleich packend zur Sache. Bis auf die ventillosen

Trompeten und Hörner kommen zwar keine historischen Instrumente zum Einsatz, aber Klang und

Spielweise orientieren sich hörbar an den Errungenschaften der Alte-Musik-Bewegung. Ihr Spiel

besitzt Biss, rhythmischen Drive und bei aller technischen Perfektion und klanglicher Transparenz,

mit der das großartige Orchester punktete, eine mitreißende und ansteckende Leidenschaft. Das kam

auch in der zum Abschluss des Abends aufgeführten Sinfonie Nr. 102 in B-Dur zum Tragen, in der

auch das Solocello im langsamen Satz sehr schön hervortrat. Das virtuos und lebendig gespielte

Presto-Finale bot dann pures Hörvergnügen. Ebenso wie die hinreißenden Zugaben von Jean

Sibelius und Haydn.

Wilde Zugabe

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Zwischen den beiden Haydn-Sinfonie kamen die Bremer dann doch noch einmal auf Beethoven

zurück, dessen erstes Klavierkonzert auf dem Programm stand. Wie schon beim Eröffnungskonzert

des diesjährigen Beethovenfestes, bei dem er das Tonhalle-Orchester aus Zürich dirigierte, lud Järvi

den Bonner Pianisten Fabian Müller als Solisten ein. Man hörte ein perfekt eingespieltes Team,

wobei Müller mit seinem ebenso energischen wie klanglich fein ausbalancierten Spiel, das im ersten

Satz seinen Höhepunkt in der langen, virtuosen Kadenz fand, ausgezeichnet mit der Spielkultur des

Orchesters harmoniert. Er brachte die emotionale Tiefe des Largos zum Klingen und die Noten des

Finales zum Tanzen. Das Publikum reagierte mit großem Jubel. Und erhielt als Dank eine wilde

Rachmaninow-Zugabe.


https://ga.de/news/kultur-und-medien/regional/begeisterung-fuer-haydn-und-beethoven_aid-102798051

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