Deutsche Kammerphilharmonie mit Fabian Müller Dieser Pianist hätte sich mit Beethoven verstanden Von Markus Schwering
Kölner Stadt-Anzeiger
5. Dezember 2023
Der Pianist Fabian Müller
Copyright: Christian Palm/Köln Musik GmbG
Der Pianist Fabian Müller spielte mit der Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter dem
Dirigenten Paavo Järvi in Köln. Es war ein beeindruckender Auftritt.
Corona machte es möglich: Veranlasst durch den Zwang, angesichts der Pandemie auf kleinere
Orchesterbesetzungen auszuweichen, wandte sich der estnische Stardirigent Paavo Järvi
Haydns späten Londoner Sinfonien zu, die er derzeit mit der Deutscher Kammerphilharmonie
Bremen in Konzerten wie in CD-Aufnahmen erarbeitet.
Eine Kostprobe davon – mit den Sinfonien Nr. 97 und 102 – konnte man soeben in der Kölner
Philharmonie erleben, und es kann schon jetzt kein Zweifel daran bestehen, dass es sich – nach den
Befassungen mit Beethoven, Schumann und Brahms – um ein neuerliches Erfolgsprojekt des
vielfach akklamierten Gespanns Järvi/Bremen handelt.
Kölner Philharmonie mit Dirigenten Paavo Järvi
Die experimentelle Signatur des späten Haydn wird hier eindrucksvoll kenntlich, scharfe
Kontrastbildungen sorgen für eine starke interne Dramatisierung, vor allem aber hat Järvi ein
waches Ohr für den Haydnschen Humor, für falsche Fährten und Reprisen, unerwartete
Ausweichungen, die köstlich-skurrilen Instrumentaleffekte. Energie und Vitalität kommen übrigens
nicht durch ein übertrieben angezogenes Tempo zustande, auch die Menuette mutieren nicht zu
Schnellwalzern. Lediglich in den Finalsätzen langt Järvi diesbezüglich zu.
Da müssen die Bremer quasi auf der Stuhlkante sitzend musizieren, ist höchste Konzentration
gefordert. Die bringen sie allerdings auch problemlos auf, so dass gerade besagte Finali zu
Feuerwerken einer zupackenden Virtuosität werden. Die wie mit der Feder gezogenen Linien der
Streicher (die ihre Potenz dann noch einmal in Sibelius` als Zugabe serviertem Andante festivo
zeigen konnten), die knackigen Bläserinterventionen, das von beiden bestrittene Pingpong-Spiel der
Motive – das alles kann man kaum besser machen. Zumal in den langsamen Sätzen mochte man ein
paar dunklere, wärmere Töne vermissen, aber solche Einwände wiegen wenig angesichts der immer
wieder atemberaubenden Klangbrillanz dieses Ensembles.
Pianist Fabian Müller mit einem sehr natürlichen Beethoven-Stil
Sinn für Humor hat auch der Bonn/Kölner Pianist Fabian Müller, der, Meisterschüler von Pierre-
Laurent Aimard, bei Beethovens erstem Klavierkonzert in der Kammerphilharmonie einen denkbar
geeigneten Partner fand (was sich immer wieder auch im erfüllten Dialog zwischen Flügel und
Orchesterinstrumenten zeigte). Müller spielte im ersten Satz die monströse dritte Kadenz aus
Beethovens Feder, die am Schluss aber nicht in den üblichen Triller mündet, sondern in einem
lapidaren piano-Akkord sozusagen implodiert – dies ein Effekt, dessen Demonstration sich der
Solist nicht entgehen ließ.
Müller pflegt, auf der Basis einer souveränen Technik, einen sehr natürlich wirkenden, in seiner
grundständigen Musikalität positiv unauffälligen Beethoven-Stil, der nicht romantisiert und
sentimentalisiert, der die Phrasen in einem stets stilvollen Rubato atmen lässt, die Verzierungen mit
Substanz füllt und über die vielen Sforzati einen fesselnden rhythmischen Drive herstellt. Als
romantischen Virtuosen konnte er sich dann in einer Rachmaninow-Etüde präsentieren.
https://www.ksta.de/kultur-medien/deutsche-kammerphilharmonie-fabian-mueller-spielt-in-koeln-696667
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