Igor Levit überwindet mühelos Zeit und Raum
nwzonline.de
Christoph Keller
11.12.2019
Virtuos: Igor Levit
Bild: Woitas
BREMEN Als Robert Schumann den jungen Johannes Brahms Klavierspielen hörte, schrieb er darüber: „Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus dem Klavier ein Orchester von wehklagenden und laut jubelnden Stimmen machte.“
Sicher hätte er so etwas auch über den Pianisten Igor Levit gesagt, wenn er ihn am Montagabend im ausverkauften großen Saal der Glocke mit dem ersten Klavierkonzert von Johannes Brahms gehört hätte. Levit interpretierte dieses sinfonisch angelegte Klavierkonzert mit einer ansteckenden und befeuernden Energie, die ihresgleichen sucht. Seien es die geballten Akkorde, die donnernden Oktavgänge oder die brillanten Trillerketten, immer war alles transparent gespielt und hervorragend im Verhältnis zum Orchester abgestimmt.
Der 32-jährige Pianist spürte jeder Melodielinie genaustens nach und führte durch seinen feinsinnigen und differenzierten Anschlag im zweiten Satz in die eingangs erwähnten „zauberischen Kreise“. Deren Atmosphäre war allerdings getrübt, weil der Konzertflügel die Stimmung nicht hielt und damit einige Töne in der Mittellage zu unschönen Schwebungen kamen.
Einen überlegenen Solisten wie Igor Levit lenkte das aber nicht ab. Beim anschließenden Rondo spielte er mit großer Souveränität und einem solchem Elan, als wolle er das ohnehin mitreißend interpretierende Orchester noch überbieten.
Im zweiten Programmteil erklang Robert Schumanns vierte Sinfonie. Die glänzend disponierte Deutsche Kammerphilharmonie Bremen verlieh dem Werk eine beeindruckende Strahlkraft und schillernden Glanz. Unter dem inspirierenden Dirigat von Paavo Järvi kamen die dramatischen und romantisch-schwärmerischen Momente genauso zur Geltung wie die melodisch freie Ausgelassenheit.
Järvi ließ, im Sinne des Komponisten, die vier kontrastreichen Sätze fließend ineinander übergehen und verlieh der Sinfonie eine überzeugende Geschlossenheit. Mit dem Orchester entwickelte er aus fulminanten Steigerungen große Klanggesten. Gleichzeitig waren alle kompositorischen Details bis aufs Feinste ausgearbeitet. Beide Werke des ausgezeichneten Konzerts wurden vom Publikum bejubelt. Solist und Orchester bedankten sich mit jeweils einer Zugabe.
An diesem Mittwoch ist von denselben Interpreten, erneut in der Glocke, das zweite Klavierkonzert von Johannes Brahms auf dem Programm. Es bleibt zu wünschen, dass der Konzertflügel dieses Mal die Stimmung hält.
https://www.nwzonline.de/kultur/igor-levit-die-glocke-bremen_a_50,6,2493619820.html
Christoph Keller
11.12.2019
Virtuos: Igor Levit
Bild: Woitas
BREMEN Als Robert Schumann den jungen Johannes Brahms Klavierspielen hörte, schrieb er darüber: „Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus dem Klavier ein Orchester von wehklagenden und laut jubelnden Stimmen machte.“
Sicher hätte er so etwas auch über den Pianisten Igor Levit gesagt, wenn er ihn am Montagabend im ausverkauften großen Saal der Glocke mit dem ersten Klavierkonzert von Johannes Brahms gehört hätte. Levit interpretierte dieses sinfonisch angelegte Klavierkonzert mit einer ansteckenden und befeuernden Energie, die ihresgleichen sucht. Seien es die geballten Akkorde, die donnernden Oktavgänge oder die brillanten Trillerketten, immer war alles transparent gespielt und hervorragend im Verhältnis zum Orchester abgestimmt.
Der 32-jährige Pianist spürte jeder Melodielinie genaustens nach und führte durch seinen feinsinnigen und differenzierten Anschlag im zweiten Satz in die eingangs erwähnten „zauberischen Kreise“. Deren Atmosphäre war allerdings getrübt, weil der Konzertflügel die Stimmung nicht hielt und damit einige Töne in der Mittellage zu unschönen Schwebungen kamen.
Einen überlegenen Solisten wie Igor Levit lenkte das aber nicht ab. Beim anschließenden Rondo spielte er mit großer Souveränität und einem solchem Elan, als wolle er das ohnehin mitreißend interpretierende Orchester noch überbieten.
Im zweiten Programmteil erklang Robert Schumanns vierte Sinfonie. Die glänzend disponierte Deutsche Kammerphilharmonie Bremen verlieh dem Werk eine beeindruckende Strahlkraft und schillernden Glanz. Unter dem inspirierenden Dirigat von Paavo Järvi kamen die dramatischen und romantisch-schwärmerischen Momente genauso zur Geltung wie die melodisch freie Ausgelassenheit.
Järvi ließ, im Sinne des Komponisten, die vier kontrastreichen Sätze fließend ineinander übergehen und verlieh der Sinfonie eine überzeugende Geschlossenheit. Mit dem Orchester entwickelte er aus fulminanten Steigerungen große Klanggesten. Gleichzeitig waren alle kompositorischen Details bis aufs Feinste ausgearbeitet. Beide Werke des ausgezeichneten Konzerts wurden vom Publikum bejubelt. Solist und Orchester bedankten sich mit jeweils einer Zugabe.
An diesem Mittwoch ist von denselben Interpreten, erneut in der Glocke, das zweite Klavierkonzert von Johannes Brahms auf dem Programm. Es bleibt zu wünschen, dass der Konzertflügel dieses Mal die Stimmung hält.
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