Zürcher Orchester zu Gast in Innsbruck: Happiness vor dunkler Ausdrucksfülle

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Ursula Stohal
17.01.2020

Zürcher Tonhalle-Orchester mit Dirigent Paavo Järvi im Aufbruch. Brillanter Solist Martin Fröst


Der glänzende Klarinettist Martin Fröst, links von Dirigent Paavo Järvi, inmitten des Zürcher Orchesters, das im Innsbrucker Congress ein emotionsreiches Meisterkonzert bot.
© Kern

Innsbruck –Paavo Järvi übernahm vergangenen Herbst die künstlerische Leitung des Tonhalle-Orchesters Zürich und feiert den Aufbruch des traditionsreichen Klangkörpers nun mit einer Konzerttournee. Sie führte am Mittwoch nach Innsbruck und demonstrierte zum einen die Neigung des Dirigenten zu ungewöhnlicher Konzertprogrammierung sowie zum anderen einen – Järvi und den neuen Möglichkeiten geschuldeten – enormen Leistungswillen des Orchesters.

Vor Peter Iljitsch Tschaikowskys e-Moll-Symphonie Nr. 5 standen Bela Bartóks herbe, multikulturell genährt­e Tanzsuite für Orchester, mit der er 1923 die 50-Jahr-Feier der vereinten Stadt Budapest feierte und gleichzeitig dem nachdrücklichen Nationalismus Ungarns begegnete, sowie das einst für Benny Goodman komponierte Klarinettenkonzert von Aaron Copland.

Mit Bartóks typischem Mix aus scharfem Rhythmus und klanglichem Erfindungsreichtum sowie Coplands Weg aus lyrischen Gefilden zum Jazz nützte Järvi im Hörerlebnis des Publikums den Einfluss derart prägender Musik auf das Folgende. Noch dazu war der fulminante schwedische Klarinettist Martin Fröst für Coplands Konzert aufgeboten, mit dem er klangsinnlich und geschmeidig verführte. Gekrönt durch eine eigene Bearbeitung von Klezmer-Musik – „Let’s be happy!“ –, deren mitreißende Interpretation im Jubel-Echo des Publikums aufging.

Und mitreißend, emotional fordernd bohrte sich dann Tschaikowskys schicksalsschwere Fünfte Symphonie durch die Aufnahmefähigkeit. Järvi erreicht mit seinem ideal deutlichen, geradezu tragenden Dirigat ein gemeinsames Musizieren von starker Intensität, die Musikerinnen und Musiker geben ihm alles.

In einem atemberaubenden Bogen, das Ziel gegenwärtig, bindet er die Sätze zu einer Einheit eng aneinander, reizt die Dynamik, ohne zu mildern, bis ins geforderte vielfache Forte aus, ohne Stimmen, ohne die Ausdrucksfülle zu opfern. Immer breiter und doch pathosfrei fließt die Ausdrucksfülle durch russische Seelenlandschaft, kreuzt die Unerbittlichkeit gesellschaftlicher Anlässe und politischer Systeme – bis zur nächsten Insel von Tschaikowskys hoffnungsarmer Einsamkeit.

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