Lang Lang sorgte mit Beethoven für eine Sternstunde

Julia Gaß
10.10.2022


Der Superstar machte das dritte Klavierkonzert zu einem Ereignis.

Dortmund. Die 96. Sinfonie von Haydn passte am Samstag perfekt an den Beginn des Konzerts von Superstar Lang Lang. Sie tragt den Beinamen ,Das Wunder“, und als solches wurde der Chinese vor 38 Jahren von seinem Vater und 15 Jahre später vom Publikum auf der ganzen Welt entdeckt.

Zum dritten Mal war dieses ,Wunder“ im lange ausverkauften Konzerthaus Dortmund zu erleben, zum
ersten Mal als Solist mit Orchester, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi. Vorweg: Den Eintrittspreis (bis 170 Euro) war der Abend absolut wert. Ich habe in 38 Jahren als Konzertkritikerin noch nie Beethovens drittes Klavierkonzert besser und differenzierter gespielt gehört — eine Sternstunde.

Es sieht nach Show aus, wenn der 40-Jährige mit den Händen Melodien in der Luft nachmalt, die das Orchester spielt. Wenn er die Faust ballt und damit Rhythmen nachfühlt — aber man merkt schnell: Es ist keine Lang-Lang-Show; dieser Pianist lebt die Musik und er zelebriert sie. Genau so emotional ging Lang Lang im zweiten Teil als Zuhörer in der sechsten Parkett-Reihe in der zweiten Brahms-Sinfonie mit. Body-Guards schirmten den Star zum Gang ab, aber der Pianist stellte sich beim Reingehen
auch zum Selfie mit Gasten. Jede Phrase ist Lang Lang in Beethovens c-Moll-Werk wichtig, jeder Ton hat Bedeutung. Selbstverständlich ist sein Spiel technisch makellos und es hat Ausdruck, Tiefe und Gehalt — auch in der Kadenz im extra dafür abgedunkelten Saal. Blick und Ohr des Pianisten für das Orchester ist exzellent, wenngleich schnell klarwird, wer den Ton angibt.


Superstar-Aura

Lang Lang hat eine Superstar-Aura, wie sie nur eine Handvoll Musiker derzeit auf die Bühne bringt. Und das bleibt in Erinnerung. Die Zugabe war ,,Feed the Birds“ aus ,Mary Poppins“ aus dem neuen Disney-Book von Lang Lang. Mit Haydns »Wunder“ und der Brahms-Sinfonie machte die Kammerphilharmonie Bremen den Abend rund. Markig klang der Haydn, das rasche Wispern der Streicher im Finale war perfekt. Und in der Brahms-Sinfonie hatten die Bremer nach ihrer Geschwindigkeits-Rekord-Einspielung von 2019 Tempo, aber nicht das explosive Feuer herausgenommen. Aber davon werden nach diesem Abend die wenigsten sprechen.

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