CONCERT REVIEW: Gewaltig braust das Orchester
Gewaltig braust das Orchester
Von Rudolf Jöckle
Frankfurter Neue Presse Online, 09.12.06
„Aufbruch zur Freiheit“ nannte der HR sein jüngstes Sinfoniekonzert unter Paavo Järvi mit Beethoven und Schostakowitsch.
Für Beethovens 5. Klavierkonzert ist solche Zuordnung zwar nicht kanonisiert, doch die Eigentümlichkeit der Komposition, ihr quasi utopischer Gegenentwurf in napoleonischer Besatzungszeit, können sie rechtfertigen. Solist war Radu Lupu, Rückkehrer beim HR nach zehn Jahren Pause. Der Mann des großen „Emperor“-Zugriffs ist er bei unbestritten virtuoser Kompetenz gewiss nicht. Er markiert nicht mit emphatischer Geste, sondern spielt mehr von innen heraus, doch nicht romantisch gebrochen, sondern mit einer ruhigen, bisweilen mit einer Art durchaus angenehm wirkender Beiläufigkeit. Paavo Järvi erweist sich dafür als großartiger Begleiter, der mit dem Orchester sicher die Positionen Lupus aufnimmt, sie gleichsam reflektiert, um sie zu vollenden – eine höchst sympathische Darstellung.
Schostakowitschs 7., die „Leningrader“ Sinfonie, steht eindeutig für den Weg vom Dunkel zum Licht, geschrieben unter dem Eindruck des deutschen Angriffs auf die Stadt mit einer Thematik, die in den Sätzen 1 bis 4 ursprünglich von „Invasion“ (oder auch „Krieg“) bis zum „Sieg“ reichte. Später machte der Komponist klar, dass solche Programmatik auch den blutrünstigen Stalin einschließen sollte. Ein großes, ja ausuferndes und somit „gefährliches“ Werk, das einen gewaltigen Apparat fordert. Paavo Järvi ist dafür der rechte Mann, wie er kürzlich bei Bruckners 7. schon bewies. Doch diesmal schien das bestechend intensive Orchester elastischer, auch in den betäubenden Ausbrüchen federnder und nicht zuletzt in den Stimmen der Bläser eindrucksvoll plastisch. So gelingt Järvi das Kunststück, (fast) immer die Spannung zu halten, was auch daran liegen dürfte, dass er nichts Hintergründiges aufspüren will, sondern Inhaltliches nimmt, wie es ist. Kräftige Bravos.
Von Rudolf Jöckle
Frankfurter Neue Presse Online, 09.12.06
„Aufbruch zur Freiheit“ nannte der HR sein jüngstes Sinfoniekonzert unter Paavo Järvi mit Beethoven und Schostakowitsch.
Für Beethovens 5. Klavierkonzert ist solche Zuordnung zwar nicht kanonisiert, doch die Eigentümlichkeit der Komposition, ihr quasi utopischer Gegenentwurf in napoleonischer Besatzungszeit, können sie rechtfertigen. Solist war Radu Lupu, Rückkehrer beim HR nach zehn Jahren Pause. Der Mann des großen „Emperor“-Zugriffs ist er bei unbestritten virtuoser Kompetenz gewiss nicht. Er markiert nicht mit emphatischer Geste, sondern spielt mehr von innen heraus, doch nicht romantisch gebrochen, sondern mit einer ruhigen, bisweilen mit einer Art durchaus angenehm wirkender Beiläufigkeit. Paavo Järvi erweist sich dafür als großartiger Begleiter, der mit dem Orchester sicher die Positionen Lupus aufnimmt, sie gleichsam reflektiert, um sie zu vollenden – eine höchst sympathische Darstellung.
Schostakowitschs 7., die „Leningrader“ Sinfonie, steht eindeutig für den Weg vom Dunkel zum Licht, geschrieben unter dem Eindruck des deutschen Angriffs auf die Stadt mit einer Thematik, die in den Sätzen 1 bis 4 ursprünglich von „Invasion“ (oder auch „Krieg“) bis zum „Sieg“ reichte. Später machte der Komponist klar, dass solche Programmatik auch den blutrünstigen Stalin einschließen sollte. Ein großes, ja ausuferndes und somit „gefährliches“ Werk, das einen gewaltigen Apparat fordert. Paavo Järvi ist dafür der rechte Mann, wie er kürzlich bei Bruckners 7. schon bewies. Doch diesmal schien das bestechend intensive Orchester elastischer, auch in den betäubenden Ausbrüchen federnder und nicht zuletzt in den Stimmen der Bläser eindrucksvoll plastisch. So gelingt Järvi das Kunststück, (fast) immer die Spannung zu halten, was auch daran liegen dürfte, dass er nichts Hintergründiges aufspüren will, sondern Inhaltliches nimmt, wie es ist. Kräftige Bravos.
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