Romantische Aus- und Einblicke
Drehpunktkultur.at
Gottfried Franz Kasparek
27/01/2014
MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / PAAVO JÄRVI
27/01/14 Die Wiener Philharmoniker in ihrer allerbesten Verfassung können auch ein reichlich sonderbares Programm zum Erlebnis machen. Zumal, wenn sie einen Dirigenten und einen Solisten offensichtlich und hörbar mögen. So geschehen im Mozartwochen-Konzert am Samstag (25.1.) im Großen Festspielhaus.
Mozart, Brahms und Richard Strauss passen irgendwie immer zusammen. Dramaturgische Verbindungen zwischen den vier Werken dieses Konzerts zu suchen, lässt man am besten sein. Zwei exzeptionelle Mozart-Symphonien umrahmten das Brahms-Violinkonzert und die Strauss-Metamorphosen – gut, manchmal darf’s ein bisschen Wunschkonzert sein. Aber man darf auch die Frage stellen, ob nicht zum Beispiel Alban Bergs Konzert besser zur schwelgerischen Trauermusik der Metamorphosen gepasst hätte. Und man darf auch feststellen, dass es eine Reihe großer Violinkonzerte zwischen Dvořák und Cerha, zwischen Glasunow, Hindemith und Wolf-Ferrari und – ja, auch wenn hierzulande niemand ihn kennt – Arnold Bax und so weiter gibt, die in Salzburg offenbar von keinem Konzertveranstalter mehr wahrgenommen werden. Zweifellos, das Brahms-Konzert ist ein Meisterstück und, wenn es so überzeugend musiziert wird wie diesmal, immer wieder anregend und neu zu hören. Trotzdem ist dies kein Argument für die geradezu manische Einengung des Violinkonzert-Repertoires in Salzburg auf zwei „große B’s“, auf Beethoven und Brahms, neben dem unumgehbaren Mozart.
Immerhin konnte man diesmal ungewohnte, brillant formulierte und souverän eingepasste Kadenzen hören, die sich Joshua Bell in bester alter Tradition selbst geschrieben hat. In beglückender Partnerschaft mit dem mitatmend begleitenden, wundersam „wienerisch“ und doch transparent klingenden Orchester und dem aufmerksam mitgestaltenden Dirigenten Paavo Järvi spielte Joshua Bell mit klug dosiertem Vibrato, edlem Ton und leidenschaftlich unterfutterter Eleganz seinen Brahms auf solchem Niveau, dass das Werk jetzt ruhig ein wenig länger nachklingen könnte als in diesen Hallen üblich.
Natürlich sind die 23 Solo-Streicher – darunter immerhin auch drei Streicherinnen – der „Wiener“ ein kaum zu übertreffendes Ensemble, was den wehmütigen Wohlklang des Abgesangs alter deutscher Kultur von Strauss betrifft, auch wenn vielleicht ein wenig mehr Proben mehr an Abgründen in dieser verstörend schönen Musik von 1945 freilegen könnten.
Mozart auf Wiener Art – dies bedeutet großes symphonisches Format mit zum Beispiel fünf Bässen. Nun wissen wir längst, dass in Mozarts Zeit nach Raumgrößen besetzt wurde – also ist dies legitim. Zu fragen wäre nur, ob nicht auch die Bläser verdoppelt werden sollten, die sonst im Streichergewoge bloß zusätzliche Farbe bieten können. Was schade ist, denn die philharmonischen Bläser konnten diesmal nur bei Brahms ihre Virtuosität und ihren einzigartigen Klang vorführen. Gleichviel, Paavo Järvi, der seit Jahren einnehmendste Mozart-Gestalter am Pult der „Wiener“ in Salzburg, modellierte schon anfangs die B-Dur-Symphonie KV 319 mit vielen feinen Nuancen, stets Durchhörbarkeit fordernd und erhaltend, mit Charme und Witz und dennoch weit atmend, dass es eine reine Freude war. Und die abschließende „Haffner-Symphonie“ wirkte wie ein stürmisch bewegter, im Andante auch poetisch verklärter, in jedem Takt visionärer Ausblick in die Romantik – es tut gut, auch diese wesentliche Facette Mozarts wieder einmal so bestimmend zu erleben. Großer Applaus für alle!
Bilder: ISM / Ixi Chen (1); Marc Hom (1)
http://www.drehpunktkultur.at/index.php?option=com_content&view=article&id=6731:romantische-aus-und-einblicke&catid=131:mozartwoche&Itemid=119
Gottfried Franz Kasparek
27/01/2014
MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / PAAVO JÄRVI
27/01/14 Die Wiener Philharmoniker in ihrer allerbesten Verfassung können auch ein reichlich sonderbares Programm zum Erlebnis machen. Zumal, wenn sie einen Dirigenten und einen Solisten offensichtlich und hörbar mögen. So geschehen im Mozartwochen-Konzert am Samstag (25.1.) im Großen Festspielhaus.
Mozart, Brahms und Richard Strauss passen irgendwie immer zusammen. Dramaturgische Verbindungen zwischen den vier Werken dieses Konzerts zu suchen, lässt man am besten sein. Zwei exzeptionelle Mozart-Symphonien umrahmten das Brahms-Violinkonzert und die Strauss-Metamorphosen – gut, manchmal darf’s ein bisschen Wunschkonzert sein. Aber man darf auch die Frage stellen, ob nicht zum Beispiel Alban Bergs Konzert besser zur schwelgerischen Trauermusik der Metamorphosen gepasst hätte. Und man darf auch feststellen, dass es eine Reihe großer Violinkonzerte zwischen Dvořák und Cerha, zwischen Glasunow, Hindemith und Wolf-Ferrari und – ja, auch wenn hierzulande niemand ihn kennt – Arnold Bax und so weiter gibt, die in Salzburg offenbar von keinem Konzertveranstalter mehr wahrgenommen werden. Zweifellos, das Brahms-Konzert ist ein Meisterstück und, wenn es so überzeugend musiziert wird wie diesmal, immer wieder anregend und neu zu hören. Trotzdem ist dies kein Argument für die geradezu manische Einengung des Violinkonzert-Repertoires in Salzburg auf zwei „große B’s“, auf Beethoven und Brahms, neben dem unumgehbaren Mozart.
Immerhin konnte man diesmal ungewohnte, brillant formulierte und souverän eingepasste Kadenzen hören, die sich Joshua Bell in bester alter Tradition selbst geschrieben hat. In beglückender Partnerschaft mit dem mitatmend begleitenden, wundersam „wienerisch“ und doch transparent klingenden Orchester und dem aufmerksam mitgestaltenden Dirigenten Paavo Järvi spielte Joshua Bell mit klug dosiertem Vibrato, edlem Ton und leidenschaftlich unterfutterter Eleganz seinen Brahms auf solchem Niveau, dass das Werk jetzt ruhig ein wenig länger nachklingen könnte als in diesen Hallen üblich.
Natürlich sind die 23 Solo-Streicher – darunter immerhin auch drei Streicherinnen – der „Wiener“ ein kaum zu übertreffendes Ensemble, was den wehmütigen Wohlklang des Abgesangs alter deutscher Kultur von Strauss betrifft, auch wenn vielleicht ein wenig mehr Proben mehr an Abgründen in dieser verstörend schönen Musik von 1945 freilegen könnten.
Mozart auf Wiener Art – dies bedeutet großes symphonisches Format mit zum Beispiel fünf Bässen. Nun wissen wir längst, dass in Mozarts Zeit nach Raumgrößen besetzt wurde – also ist dies legitim. Zu fragen wäre nur, ob nicht auch die Bläser verdoppelt werden sollten, die sonst im Streichergewoge bloß zusätzliche Farbe bieten können. Was schade ist, denn die philharmonischen Bläser konnten diesmal nur bei Brahms ihre Virtuosität und ihren einzigartigen Klang vorführen. Gleichviel, Paavo Järvi, der seit Jahren einnehmendste Mozart-Gestalter am Pult der „Wiener“ in Salzburg, modellierte schon anfangs die B-Dur-Symphonie KV 319 mit vielen feinen Nuancen, stets Durchhörbarkeit fordernd und erhaltend, mit Charme und Witz und dennoch weit atmend, dass es eine reine Freude war. Und die abschließende „Haffner-Symphonie“ wirkte wie ein stürmisch bewegter, im Andante auch poetisch verklärter, in jedem Takt visionärer Ausblick in die Romantik – es tut gut, auch diese wesentliche Facette Mozarts wieder einmal so bestimmend zu erleben. Großer Applaus für alle!
Bilder: ISM / Ixi Chen (1); Marc Hom (1)
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