Schumanns Schönklang und Ausdruck vereint
Deutschlandfunk
Von Georg Waßmuth
09.06.2014
Unter dem Dach von Sony Music hat die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen nun den letzten Baustein ihres Schumann-Projektes veröffentlicht. Gemeinsam mit dem ständigen Gastdirigenten Paavo Järvi wurde die vierte und damit letzte Sinfonie von Robert Schumann eingespielt.
Dieses zentrale Werk wird mit Konzertmusik aus der Feder des Komponisten flankiert, die zum Leuchtfeuer der Romantik gehört. Hier der zweite Satz "Ouvertüre, Scherzo & Finale, op. 52" von Robert Schumann. Gemeinsam mit Paavo Järvi durchlüftet die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen das Werk. In dem stets vorwärtstreibenden Impuls bleiben selbst feinste Details hörbar, alle Instrumentalgruppen balancieren den Klang sehr ausgewogen und der Dirigent Paavo Järvi scheint mit kleiner Zeichengebung ein Maximum zu erreichen.
Robert Schumann – Ouvertüre, Scherzo & Finale, op. 52 Tr. 2 - 2. Satz / Scherzo – Vivo – Trio
Das Scherzo aus Opus 52 von Robert Schumann interpretierte die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Paavo Järvi. Seit neun Jahren ist der aus Estland stammende Dirigent dem Ensemble als Gastdirigent verbunden. Järvi gehört zur sogenannten "Vielfliegerklasse" der Dirigentenzunft. Ein Publikumsmagnet, dem die Türen der Konzertsäle weltweit offenstehen. Die Partnerschaft mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ist aber eine ganz besonderes.
Hier kann er Pläne wie das langfristige Schumann-Projekt anschieben, das weit über das Tagesgeschäft hinausreicht. Ein Zyklus der als Studioproduktion über Jahre geplant und realisiert wird, ist heute die Ausnahme. Bei der Aufnahme der vierten Sinfonie von Robert Schumann haben sich Dirigent und Ensemble auf die revidierte Fassung aus dem Jahr 1851 geeinigt, die Schumann selbst zehn Jahre nach der Uraufführung ausführte. Der Komponist fügte seiner Erstfassung deutlich mehr Klangvolumen hinzu und gab dem ganzen Werk so zwar seine durch und durch romantische Gestalt, machte es aber auf der anderen Seite auch etwas pastos und dickflüssig. Järvi und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen lösen diese Aufgabe sehr elegant. Der sehr runde Orchesterklang fließt wie ein durchgehender Strom aus dem sich aber jederzeit Instrumente und Themen lösen können, um Struktur und Akzente zu setzen. Hier ein Ausschnitt aus dem 1. Satz der Sinfonie No. 4 von Robert Schumann.
Robert Schumann – Sinfonie No. 4 - Tr. 7 - 1. Satz / Ziemlich langsam – lebhaft
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und Paavo Järvi mit einem Ausschnitt aus dem ersten Satz der Sinfonie Nr. 4 von Robert Schumann. Was hier so erfrischend gelingt, eine durchgehend überzeugende Klangrede, eine Deutung, die einfängt und mitnimmt, ist bei Schumann immer eine heikle Aufgabe. Auch die Interpretation von Paavo Järvi und der Deutschen Kammerphilharmonie hat einen Durchhänger, das soll hier keineswegs schön geredet werden.
Im Scherzo der 4. Sinfonie versucht das Ensemble Schönklang und Ausdruck unter einem großen Bogen zu vereinen. Das ist aber eine zu einfache Lesart für diesen hochkomplexen Satz, der eigentlich Abgründe, Brüche und Schroffheiten, lyrischen Momenten gegenüber stellt. Schon die allererste Tempovorstellung des Dirigenten überträgt sich als sehr verhaltener Auftakt auf die Kammerphilharmonie. "Lebhaft" steht über dem Satz, also ist von Schumann ein ständiges Schwanken der Gefühle auf unsicherem Grund intendiert. In dem Stück ist mit Sicherheit mehr Dramatik enthalten als die Kammerphilharmonie und ihr Dirigent Paavo Järvi offenlegen. Leider lassen sich die vorzüglichen Interpreten hier nicht vollkommen aus der Reserve locken.
Robert Schumann – Sinfonie No. 4 - Tr. 9 - 3. Satz / Scherzo – lebhaft
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi mit dem dritten Satz, Scherzo aus der Sinfonie Nr. 4 von Robert Schumann.
Eine Interpretation, die nach kleinen Tälern immer wieder Aussichtspunkte mit Deutungshoheit erreicht – ohne Zweifel.
Erschienen ist die CD beim Label RCA Red Seal unter dem Dach von Sony Music. Was die Produktion zum begehrenswerten Silberling werden lässt ist das "Konzertstück für vier Hörner und Orchester" von Robert Schumann. Der Hintergrund zu diesem Werk ist schnell erklärt. Schumann erlebte im Orchester den Wandel vom Natur- zum Ventilhorn. So waren die Musiker nicht mehr auf wenige Töne der Naturtonskala beschränkt, sondern konnten mit der Ventiltechnik die Tonleiter hoch- und runterspurten. Schumanns "Konzertstück für vier Hörner und Orchester" zählt bis heute zum Anspruchsvollsten überhaupt, mit vielen Klippen für die Solisten. Schumann war eindeutig kein Hornist, er übertrug einfach einen virtuosen Klaviersatz auf das Hornquartett. Dabei ist das Konzertstück ungemein reizvoll.
Alle dem Horn zugeschriebenen Attribute, sein Jagdcharakter und sein sprichwörtlich romantischer Klang kommen hier zum Tragen. Neben der Solo-Hornistin der Deutschen Kammerphilharmonie, Elke Schulze-Höckelmann, spielen als Gäste Stefan Dohr von den Berliner Philharmonikern und Thomas Sonnen, der einen Stammplatz im Festspielorchester Bayreuth hat.
Der vierte Hornsolist im Konzertstück, Volker Grewel, ist mit gerade einmal 49 Jahren wenige Monate nach der Aufnahme verstorben. So ist diese CD auch Nachklang auf einen wunderbaren Musiker und eine Persönlichkeit, die gewiss viele Gleichgesinnte schmerzlich vermissen werden.
Von Georg Waßmuth
09.06.2014
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen hat die
vierte Sinfonie Robert Schumanns eingespielt. Im Rahmen ihres
Schumann-Projekts wurde die Aufnahme unter Leitung ihres ständigen
Gastdirigenten Paavo Järvi produziert. Das "Konzertstück für vier Hörner
und Orchester" ist zugleich auch ein Nachklang auf einen verstorbenen
Musiker.
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist in der
Orchesterlandschaft ein ganz besonderes Ensemble. Im Jahr 1980 von
Musikstudenten gegründet, ist das professionelle Kammerorchester bis
heute eine selbstverwaltete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Alle
Musiker sind Teilhaber und wirtschaftlich verantwortlich. Nicht die
öffentlichen Subventionen machen den größten Batzen im Haushalt der
Kammerphilharmonie aus, sondern der Anteil aus den Konzert- und
CD-Einnahmen. So ist auch zu verstehen, warum das Ensemble mit jeder
neuen Produktion ein hohes finanzielles Risiko eingeht. Bleibt sie ein
Ladenhüter, geht das schnell an die wirtschaftliche Substanz.
Unter dem Dach von Sony Music hat die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen nun den letzten Baustein ihres Schumann-Projektes veröffentlicht. Gemeinsam mit dem ständigen Gastdirigenten Paavo Järvi wurde die vierte und damit letzte Sinfonie von Robert Schumann eingespielt.
Dieses zentrale Werk wird mit Konzertmusik aus der Feder des Komponisten flankiert, die zum Leuchtfeuer der Romantik gehört. Hier der zweite Satz "Ouvertüre, Scherzo & Finale, op. 52" von Robert Schumann. Gemeinsam mit Paavo Järvi durchlüftet die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen das Werk. In dem stets vorwärtstreibenden Impuls bleiben selbst feinste Details hörbar, alle Instrumentalgruppen balancieren den Klang sehr ausgewogen und der Dirigent Paavo Järvi scheint mit kleiner Zeichengebung ein Maximum zu erreichen.
Robert Schumann – Ouvertüre, Scherzo & Finale, op. 52 Tr. 2 - 2. Satz / Scherzo – Vivo – Trio
Das Scherzo aus Opus 52 von Robert Schumann interpretierte die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Paavo Järvi. Seit neun Jahren ist der aus Estland stammende Dirigent dem Ensemble als Gastdirigent verbunden. Järvi gehört zur sogenannten "Vielfliegerklasse" der Dirigentenzunft. Ein Publikumsmagnet, dem die Türen der Konzertsäle weltweit offenstehen. Die Partnerschaft mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ist aber eine ganz besonderes.
Hier kann er Pläne wie das langfristige Schumann-Projekt anschieben, das weit über das Tagesgeschäft hinausreicht. Ein Zyklus der als Studioproduktion über Jahre geplant und realisiert wird, ist heute die Ausnahme. Bei der Aufnahme der vierten Sinfonie von Robert Schumann haben sich Dirigent und Ensemble auf die revidierte Fassung aus dem Jahr 1851 geeinigt, die Schumann selbst zehn Jahre nach der Uraufführung ausführte. Der Komponist fügte seiner Erstfassung deutlich mehr Klangvolumen hinzu und gab dem ganzen Werk so zwar seine durch und durch romantische Gestalt, machte es aber auf der anderen Seite auch etwas pastos und dickflüssig. Järvi und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen lösen diese Aufgabe sehr elegant. Der sehr runde Orchesterklang fließt wie ein durchgehender Strom aus dem sich aber jederzeit Instrumente und Themen lösen können, um Struktur und Akzente zu setzen. Hier ein Ausschnitt aus dem 1. Satz der Sinfonie No. 4 von Robert Schumann.
Robert Schumann – Sinfonie No. 4 - Tr. 7 - 1. Satz / Ziemlich langsam – lebhaft
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und Paavo Järvi mit einem Ausschnitt aus dem ersten Satz der Sinfonie Nr. 4 von Robert Schumann. Was hier so erfrischend gelingt, eine durchgehend überzeugende Klangrede, eine Deutung, die einfängt und mitnimmt, ist bei Schumann immer eine heikle Aufgabe. Auch die Interpretation von Paavo Järvi und der Deutschen Kammerphilharmonie hat einen Durchhänger, das soll hier keineswegs schön geredet werden.
Im Scherzo der 4. Sinfonie versucht das Ensemble Schönklang und Ausdruck unter einem großen Bogen zu vereinen. Das ist aber eine zu einfache Lesart für diesen hochkomplexen Satz, der eigentlich Abgründe, Brüche und Schroffheiten, lyrischen Momenten gegenüber stellt. Schon die allererste Tempovorstellung des Dirigenten überträgt sich als sehr verhaltener Auftakt auf die Kammerphilharmonie. "Lebhaft" steht über dem Satz, also ist von Schumann ein ständiges Schwanken der Gefühle auf unsicherem Grund intendiert. In dem Stück ist mit Sicherheit mehr Dramatik enthalten als die Kammerphilharmonie und ihr Dirigent Paavo Järvi offenlegen. Leider lassen sich die vorzüglichen Interpreten hier nicht vollkommen aus der Reserve locken.
Robert Schumann – Sinfonie No. 4 - Tr. 9 - 3. Satz / Scherzo – lebhaft
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi mit dem dritten Satz, Scherzo aus der Sinfonie Nr. 4 von Robert Schumann.
Eine Interpretation, die nach kleinen Tälern immer wieder Aussichtspunkte mit Deutungshoheit erreicht – ohne Zweifel.
Erschienen ist die CD beim Label RCA Red Seal unter dem Dach von Sony Music. Was die Produktion zum begehrenswerten Silberling werden lässt ist das "Konzertstück für vier Hörner und Orchester" von Robert Schumann. Der Hintergrund zu diesem Werk ist schnell erklärt. Schumann erlebte im Orchester den Wandel vom Natur- zum Ventilhorn. So waren die Musiker nicht mehr auf wenige Töne der Naturtonskala beschränkt, sondern konnten mit der Ventiltechnik die Tonleiter hoch- und runterspurten. Schumanns "Konzertstück für vier Hörner und Orchester" zählt bis heute zum Anspruchsvollsten überhaupt, mit vielen Klippen für die Solisten. Schumann war eindeutig kein Hornist, er übertrug einfach einen virtuosen Klaviersatz auf das Hornquartett. Dabei ist das Konzertstück ungemein reizvoll.
Alle dem Horn zugeschriebenen Attribute, sein Jagdcharakter und sein sprichwörtlich romantischer Klang kommen hier zum Tragen. Neben der Solo-Hornistin der Deutschen Kammerphilharmonie, Elke Schulze-Höckelmann, spielen als Gäste Stefan Dohr von den Berliner Philharmonikern und Thomas Sonnen, der einen Stammplatz im Festspielorchester Bayreuth hat.
Der vierte Hornsolist im Konzertstück, Volker Grewel, ist mit gerade einmal 49 Jahren wenige Monate nach der Aufnahme verstorben. So ist diese CD auch Nachklang auf einen wunderbaren Musiker und eine Persönlichkeit, die gewiss viele Gleichgesinnte schmerzlich vermissen werden.
Paavo Järvi/Schumann
Symphony No 4
overture, scherzo & finale
Konzertstück for 4 horns
The Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Label: Rca Red Seal (Sony Music) LC: 00316
Bestellnr.: 88843 05857 2
http://www.deutschlandfunk.de/sinfonische-musik-schumanns-schoenklang-und-ausdruck-vereint.727.de.html?dram:article_id=288644
Symphony No 4
overture, scherzo & finale
Konzertstück for 4 horns
The Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Label: Rca Red Seal (Sony Music) LC: 00316
Bestellnr.: 88843 05857 2
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