Rachmaninow ohne Gedonner
April 2008
Frankfurter Neue Presse - Kultur 7.

Von Rudolf Jöckle
Paavo Järvi dirigierte das Cincinnati Symphony Orchestra bei Pro Artein der Alten Oper Frankfurt.Ein Heimspiel also für den Chefdirigenten des HR-Sinfonieorchesters,der bereits seit 2001 "Director" der durchaus traditionsreichenAmerikaner ist. Eine gute Gelegenheit dazu für wohl viele Konzertbesucher, unmittelbar zu erfahren, welch hervorragender Dirigentbeim HR waltet. Das Programm war klar gegliedert und gleichsamabgesichert, sowohl durch Rachmaninows drittes Klavierkonzert wie durchdie "himmlischen Länge" von Schuberts großer C-Dur- Sinfonie, die jainzwischen die "Achte" geworden ist. Solist des Konzerts war NicolaiLugansky, unter anderem Sieger im Tschaikowsky-Preises 1994, eher einerder eleganten, klar formulierenden russischen Pianisten und hier bei"Nummer 3", einem Liebling der Deutschen, alles andere als dickfellig. Rachmaninows Konzert gewann so nicht nur an Kontur, sondern anerstaunlicher Substanz, an poetisch-sinnlicher Kraft jenseits des oftgehörten Gedonners. oder auch Gesäusels: eine hochvirtuose wiegedanklich schlüssige Darstellung. Die Elastizität des Orchesters setzte sich auch in SchubertsC-Dur-Sinfonie fort, in der hellen, nie sich verwischenden Spracheamerikanischer Musiker, wobei Järvi den Accelerando-Übergang Einleitung-Hauptsatz wählte. Klang und Formulierungen dienten durchausder Verdeutlichung der Strukturen, die Musik bekam dadurch auch ein"klassizistisches" Gewicht, ohne dass wie im zweiten Satz die Trauerverharmlost worden wäre. Die Interpretation bestach jedenfalls durcheine genaue Durchzeichnung der Stimmen, durch eine Intensität, die ihreEnergien aus einer Art gelassener Souveränität schöpfte.
Beifall und Bravos.

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