Grandioser Auftakt
Konzert: Das HR-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi eröffnet die Saison in der Alten Oper
Mit aufrechter Körperhaltung und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen nimmt Paavo Järvi den frenetischen Applaus des Publikums in der Alten Oper entgegen. Völlig zu Recht, denn der Chefdirigent des HR-Sinfonieorchesters hat zum Auftakt der Saison seinen Klangkörper zu einer grandiosen Leistung angespornt.
Filigran entfalten sich die poetischen Gedanken im Kopfsatz der großen C-Dur Sinfonie Franz Schuberts, die in ihrer Fülle das Gesamtgefüge der Komposition schnell unübersichtlich werden lassen können. Die hervorragenden akustischen Gegebenheiten des Konzerthauses begünstigen aber eine gleichermaßen transparente und kraftvolle Interpretation des Werks. Lieblich umspielen die Streicher im zweiten Satz die Einsätze der Holzbläser, deren Instrumentaler Gesang Schuberts Nähe zum Lied nachvollziehbar macht. Beeindruckend ist die sehr reduzierte, aber dennoch äußerst effektive Körpersprache des estnischen Maestro: Ein kleiner Schlenker mit der Linken genügt, um die Musiker im folgenden Scherzo zu einer brachialen Klanggewalt anschwellen zu lassen. Eine furiose Einheit bilden Dirigent und Interpreten im Finale.
Auch die programmatisch und farbenfroh angelegten Werke der ersten Konzerthälfte spielen Järvi und HR-Orchester in die Hände. Der in jungen Jahren von Richard Strauss entworfene Variationszyklus „Don Quixote“ nutzt die Entfaltungsmöglichkeiten der Instrumente kongenial, um das aktive Treiben und trübsinnige Denken des verwirrten Ritters zu illustrieren. László Fenyö erhebt souverän mit dem Violoncello die Stimme des Ritters, Máté Szücs die Sancho Panzas mit der Bratsche.
Als letzte Kostbarkeit sei das Lied „A Mind of Winter“ für Sopran und Orchester von George Benjamin erwähnt, der in dieser Spielzeit als „Artist in Residence“ an der Alten Oper wirkt. Das Stück des Messiaen-Schülers lebt von der Gegensätzlichkeit atonaler Klangsphären, die durch punktuelle harmonische Wendungen Sinn erfahren. Sirrende Glissandi und pochende Bassrhythmen erzeugen das Bild eines Wintersturms, in dem sich die Sopranstimme der koreanischen Sängerin Yeree Suh in die Textur des Klangkörpers sinnig einfügt.
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