Feinfühlig: Khatia Buniatishvili mit den Philharmonikern unter Paavo Järvi

Sueddeutsche.de

München - Ein wenig fahrig wirkt der Beginn von Benjamin Brittens 'Simple Symphony' für Streichorchester op. 4 beim Abo-Konzert der Philharmoniker. Dirigent Paavo Järvi schleudert seine Arme in den raschen Sätzen sehr geschwind. Das sieht animierend aus. Doch nicht immer ist das Ergebnis so fein und präzise wie das Pizzicato des zweiten Satzes. Wunderbar jedoch gelingt der dritte Satz, 'Sentimental Sarabande': Wie hier Järvi und die Musiker die dramaturgische Spannung mit langem Atem gestalten, ist sehr schön.

Große Ausdruckskraft prägt auch Griegs Klavierkonzert op. 16 mit der Pianistin Khatia Buniatishvili. Sie spielt mit vielen Ausrufezeichen: In den technisch auftrumpfenden Passagen schlägt sie einen fast gleißend hellen Ton an, wirft am Zielpunkt das Haupt. Fast durchwegs perfekt über die Tasten gerast, ist die Wirkung an jeder Stelle für sich gesehen virtuos. Allerdings erweist sich dieses furios Burschikose als Mittel zur Präsentation pianistischen Wunderwerks bei Buniatishvili als stereotyp. Beeindruckender ist deshalb unter dem Strich, mit welch zauberhafter Lyrik sie in den Begleitpassagen ihr fragiles Pianissimo zeichnet und mit dem Orchesterklang verschmelzen lässt. Diese Feinfühligkeit ist der maximale Kontrast zum Hochglanzgetöse.

Järvis Musikauffassung, das zeigt Sibelius" Erste Symphonie, ist verbindlicher. Diese Musik ist stark konturiert, zeigt im Scherzo perkussiven Esprit, mitreißend, aber durchaus herb, sie trägt Strenge in sich, singt wunderschön, wartet mit kantigen Effekten auf. Die Philharmoniker lassen diese in rascher Folge erklingende Vielfalt der Stimmungsmomente sehr plastisch werden. Sie tragen dabei nie zu dick auf, forcieren nicht, kosten die Intensität nicht bis zum Letzten aus. Und doch ist das Ergebnis der von Järvi vorgegebenen maßvollen Hingabe farbig und verständlich. Andreas Pernpeintner

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