Chopin mit Mehwert

Klassik.com
Simon Chlosta
5 nov 2012
 

Chopin, Frederik - Klavierkonzert Nr. 2 op. 21

Label/Verlag: Sony Classical

Khatia Buniatishvili, die 2012 für ihre Debüt-CD mit Werken Franz Liszts den ECHO Klassik als beste Nachwuchskünstlerin erhielt, legt auf ihrer zweiten CD mit Chopin nach.
Auf Liszt folgt Chopin – und diese Reihenfolge ist gut gewählt. Denn mit dem nötigen Abstand zum Chopin-Jahr 2010 hat Khatia Buniatishvilis zweite CD, erschienen bei Sony Classical, die besten Chancen, nicht im Meer der vorhandenen Aufnahmen von Chopins populärem Werk unterzugehen. Das wäre auch äußerst schade, beweist die junge Pianistin doch einmal mehr, dass sie ihrem inoffiziellen Titel als vielversprechendste Nachwuchskünstlerin gerecht wird.
Kleiner Rahmen für große Werke
Auf der CD werden Chopins größere Werke, das Zweite Klavierkonzert sowie die Zweite Klaviersonate und die Ballade Nr. 4 vom cis-Moll-Walzer und der Mazurka in a-Moll eingerahmt. Es sind besonders diese beiden (hinsichtlich der Länge) kleineren Stücke, denen Buniatishvili ihren ganz eigenen Stempel aufdrückt. Ruhig, wie aus der Ferne huscht der Walzer daher, die Mazurka wiederum ist von größter Melancholie geprägt. Hier nimmt sich die Künstlerin den nötigen Freiraum, während Sonate und Ballade konventioneller daherkommen. An musikalischer und vor allem technischer Perfektion mangelt es gleichwohl auch bei diesen Werken nicht.
Rasantes Zweites Klavierkonzert
Chopins Zweites Klavierkonzert f-Moll vollführt Buniatishvili zusammen mit dem Orchestre de Paris unter der Leitung von Paavo Järvi in einem rasanten Tempo. Agogische Verzögerungen lässt sie nur in der Durchführung des ersten Satzes, in welcher das Klavier in den Dialog mit den Holzbläsern tritt, zu. In den überwiegenden Solopassagen nimmt die Fahrt jedoch bald wieder an Tempo auf. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den zweiten Satz, der leicht gehetzt wirkt. Chopins Liebeserklärung an eine junge Dame, die sich im 'Larghetto' widerspiegelt, ist dadurch von drängender Leidenschaft geprägt, für Sentimentalitäten ist hingegen keine Zeit. Das hat aber auch sein Gutes; jeglicher Kitsch wird vom ersten Ton an untersagt. In den schnellen Läufen des dritten Satzes bewegt sich die Pianistin am Rande eines Salto Mortale. Zu diesem kommt es aber nicht, denn Buniatishvili hat das Werk im Griff. Virtuosität und Ausdruck vereint sie auf beeindruckende Weise miteinander. Da es sich bei dem Konzert um einen Mitschnitt von 2011 handelt, mischt sich leider an wenigen Stellen ein Rauschen unter – es lässt sich verschmerzen.
Mehr als eine hübsche Visitenkarte
Das der CD beigefügte Bonus-Video enthält ein kleines Feature in schwarz-weiß, bei dem wir der Künstlerin dabei zusehen, wie sie zu den Klängen ihrer Aufnahme umherstreift, mal wartend am leeren Bahnhof, an anderer Stelle zu zweit verliebt am Strand. Zwar eignet sich Chopins Musik für diese kurzen und emotionalen Momentaufnahmen sehr gut, über den Mehrwert dieser Beigabe darf man sich dennoch streiten. Der Film verdeutlicht jedoch, wie sehr die 25-jährige Pianistin die Musik zur Gänze verinnerlicht hat und welche Bedeutung sie ihr beimisst. Das Ergebnis hört man denn auch in jedem Takt und bis ins kleinste Detail der Aufnahme. Diese CD ist mehr als nur eine hübsch gestaltete Visitenkarte einer aufstrebenden Künstlerin, wie wir sie in letzter Zeit so oft auch auf dem klassischen Markt vorfinden müssen. Sie ist größte Hingabe an eine Musik, die tief berührt – den Zuhörer gleichermaßen wie die Künstlerin selbst.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert:
Booklet:




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