Hindemith-Preis für Paavo Järvi

Main-Netz
26.11.2012

Auszeichnung: Estnischer Star-Dirigent gewürdigt - Laudator Jörg Widmann: »Unabhängig von der Mode etabliert«
Hanau Den Paul-Hindemith-Preis der Stadt Hanau hat am Samstag der estnische Star-Dirigent Paavo Järvi entgegen genommen. Oberbürgermeister Claus Kaminsky überreichte die mit 10000 Euro dotierte Auszeichnung im Paul-Hindemith-Saal vor rund 100 geladenen Gästen im Paul-Hindemith-Saal des Congress Parks (CPH).
Den Paul-Hindemith-Preis hat der Dirigent Paavo Järvi in Hanau entgegen genommen. Im Beisein von OB Claus Kaminsky (rechts) und Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck verewigte er sich im Goldenen Buch der Stadt. Foto: Karin Klemt

Der 50-jährige Preisträger zeigte sich tief bewegt, vor allem von der Laudatio des Musikwissenschaftlers und Komponisten Jörg Widmann. Jener hatte Järvi als einen in Können und Gebaren idealen Orchesterleiter gewürdigt, dessen weltweiter Erfolg nicht zuletzt auf menschlichen Qualitäten gründe.
Zur Höchstleistung motiviert
So habe sich Järvi unabhängig von der »Mode« etabliert, die laut Widmann vor Jahren Dirigenten und Musiker aus den baltischen Staaten auf internationalem Parkett begünstigt habe. Immer wieder habe er die ihm anvertrauten Klangkörper - darunter die Berliner Philharmoniker oder das Orchestre de Paris, dessen Chefdirigent er seit 2011 ist, seien es Nachwuchsformationen wie das European Youth Orchestra - mit seiner Persönlichkeit zu Höchstleistungen motiviert.
Besonders hoch rechnet Widmann dem Preisträger dabei an, dass er niemals die eigene Rolle, sondern die Intention des Komponisten in den Vordergrund stelle. Järvi motiviere seine Musiker als Vorbild, indem er selbstbewusst agiere und höchste Anforderungen »völlig angstfrei« angehe.
Auch die oft hoch anspruchsvollen Kompositionen Paul Hindemiths, der als einer der wichtigsten Schöpfer »neuer Musik« im 20. Jahrhundert von der Musikwissenschaft zusammen mit Schönberg als Hauptvertreter des musikalischen Expressionismus eingeordnet wird. Das, so erinnerte OB Kaminsky, habe dem am 16. November 1895 in Hanau geborenen Ausnahme-Musiker nicht nur fachliche Anerkennung, sondern auch viel Ablehnung in Deutschland eingebracht. Namentlich unter dem Nazi-Regime sei Hindemith als Vertreter der »entarteten Kunst« verfolgt worden und habe, mit seiner Familie in Frankfurt lebend, emigrieren müssen. Als einer der ersten bedeutenden Intellektuellen sei Hindemith jedoch nach dem Krieg aus den USA zurückgekehrt und habe 1953 ein umjubeltes Festkonzert in Hanau gegeben.
»Würdiger Exponent«
Den diesjährigen Preisträger bezeichnete der OB als einen besonders würdigen Exponenten, für dessen Auswahl er der gemeinsam mit der Paul-Hindemith-Stiftung gebildeten Expertenjury dankte. Kaminsky erinnerte auch an frühere Träger der seit 2000 alle zwei Jahre verliehenen Auszeichnung, darunter Albert Mangelsdorff, Daniel Barenboim und Tabea Zimmermann. Paavo Järvi steht im internationalen Rampenlicht, seit er 2001 Chefdirigent des Cincinnati Symphony-Orchestras wurde. Diese Position behielt er zehn Jahre lang. 2004 wurde er darüber hinaus künstlerischer Leiter der Deutschen Kammerphilharmonie und übernahm 2006 die Leitung des Rundfunk-Sinfonieorchesters Frankfurt. In Paris brachte ihm seine Tätigkeit als Chefdirigent unter anderem die Ernennung zum »Commadeur de l’Orde des Arts et des Lettres« (Orden der Künste und Literatur) ein.
Mit Hindemith hat Järvi, neben der expressionistischen Ausrichtung, unter anderem sein musikpädagogisches Engagement gemein. Auf diesem Sektor wirke in Hanau auch der Hindemith-Preis, betonte der Oberbürgermeister. So habe die Stadt eine Anregung des Preisträgers 2008, Gerd Albrecht, aufgegriffen und fördere die instrumentale Ausbildung von Kindern in Kitas und Schulen mit einem »klingenden Mobil«. Kaminsky wies auch auf eine laufende Initiative hin, Paul Hindemith an der Pestalozzischule, in deren Räumen auch die nach ihm benannte Musikschule untergebracht ist, ein Denkmal zu errichten.
Schüler der Hindemith-Musikschule sowie der Adolf-Schwab-Musikschule bereicherten die Feierstunde durch Hindemith-Interpretationen. Das Habá-Quartett intonierte unter anderem Auszüge aus Hindemiths Streichquartetten Nummer drei und 15. Laudator Widmann überraschte mit einer Klarinetten-Fantasie, die er dem Preisträger widmete. kko

http://www.main-netz.de/nachrichten/region/hanau-offenbach/hanau-offenbach/art11879,2375936

Comments

Popular Posts