Feiner Klang und Frische

volksfreund.de
Eva-Maria Reuther
06/10/2013
 
Einen Pianisten vom Feinsten, der durchaus als neuer Glenn Gould gelten kann, hatte die Philharmonie mit Piotr Anderszewski zu Gast. Gemeinsam mit dem Orchestre de Paris spielte er das 3. Klavierkonzert von Béla Bartók

Piotr Anderszewski begeistert mit dem Orchestre de Paris in der Luxemburger Philharmonie. Foto: Philharmonie
Luxemburg. Wer nicht schwindelfrei ist, tut gut daran, fest zu sitzen bei Piotr Anderszewskis wahnwitzigen Läufen und atemberaubenden Trillern.
Und doch ist der Pianist keiner der musikalischen Kunstturner, die sich in Tastenakrobatik erschöpfen. In Anderszewskis Spiel ist - wie einmal mehr beim Auftritt am Freitagabend in der Luxemburger Philharmonie mit dem Orchestre de Paris zu erleben war - jeder Ton durchdacht und sorgsam gestaltet. Vielleicht ist es der vielbesprochene "unruhige Wanderer" in ihm, dem Anderszewski seine unglaubliche Farbvielfalt, seine herrliche Klangsinnlichkeit und seine Dynamik verdankt, die von tiefer Nachdenklichkeit bis zu wilden Ausbrüchen reicht.
Bei all dem bleibt Anderszewski leicht und fein im Anschlag, selbst in Augenblicken höchster Dramatik. In Béla Bartóks todesnahen Klavierkonzert Nr. 3 machte der 44-jährige Pole übermütig, bisweilen mit wilden Rhythmen hörbar, was in diesem Spätwerk an Lebenskraft und Frische steckt, ohne seine Altersweisheit zu verleugnen. Gedankenverloren, voll Innerlichkeit spielte der Pianist das berühmte Adagio religioso. In geradezu übersinnlichen Klarheit erklangen dazu die Geigen.
Mit dem Orchestre de Paris und seinem Dirigenten Paavo Järvi hatte Anderszewski ausgesprochen einfühlsame und lebendige Dialogpartner. Der Amerikaner mit der estnischen Abstimmung taat dem Pariser Orchester offensichtlich gut. Järvi dirigierte straff, ließ transparent spielen, und machte die klare Struktur des Konzerts deutlich. Noch immer spielten die Geigen mit schönem Schmelz, aber ohne Zuckerguss. Bartók , der nicht nur in diesem Konzert impressionistische Stilelemente verwendet hat, war intelligent angesiedelt zwischen den beiden Impressionisten Claude Debussy mit dem Prélude zu "Nachmittag eines Fauns" ( wunderschön die erste Flöte) und Maurice Ravel und seinem "Boléro". Vor ihm war Igor Strawinskys "Symphony in Three Movements" mit ihrer Mischung aus Marschmusik, gläubiger Hingabe und wilden Ausbrüchen er klungen. Die 1200 Zuhörer waren begeistert.

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/kultur/Kultur-in-der-Region-Feiner-Klang-und-Frische;art764,3665217

Comments

Popular Posts