Musikalische Brücken schlagen


nwzonline.de
Annkatrin Babbe
21.01.2017

BREMEN Mit so vielen Bezeichnungen – von Wunderkind bis Geigenfee – hat man sie schon versehen; hören und lesen mag sie es bestimmt nicht mehr. Was sie selbst will: Brücken bauen – mit ihrem Instrument. Und wer sie hört, kann nachempfinden, was sie damit meint. Ihr Spiel berührt ganz direkt.

Vilde Frang war jetzt Gast im Konzert der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Paavo Järvi. Donnernden Beifall gab es für ihre Interpretation von Strawinskis Violinkonzert. Jeder Ton ist kristallklar, der Klang dabei höchst variabel: Bei absoluter technischer Souveränität bewegt sich Frang zwischen Fragilität und raumgreifender Stärke, zwischen Innigkeit und drängender Impulsivität, ohne dabei zu dick aufzutragen.

Schlicht und schlank

Das erste Konzert im neuen Jahr widmete Paavo Järvi dem im Dezember 2016 verstorbenen Cellisten und Dirigenten Heinrich Schiff, der als erster Gastdirigent Ende des vorigen Jahrhunderts auch mit der Kammerphilharmonie zusammengearbeitet hat.

Tōru Takemitsus Requiem für Streichorchester bildete vor diesem Hintergrund einen stimmungsvollen Einstieg in den Abend. Mehr Geräusch ist der Beginn des Ein-Satz-Requiems, erst nach und nach kristallisiert sich eine Struktur heraus, bilden rhythmische Phrasen Kontraste zur Schlichtheit des insgesamt schlanken Orchesterklangs.

Beifall zum Zweiten gab es für Brahms Sinfonie Nr. 1 in c-Moll op. 68. Nach den erfolgreichen Beethoven- und Schumann-Zyklen arbeitet die Kammerphilharmonie derzeit an einem Brahms-Zyklus. Die Veröffentlichung von Aufnahmen ist für dieses Jahr geplant. Bis ins Letzte ausgefeilt scheint die Interpretation unter Järvi. Bestechend ist das transparente, klar differenzierte Klangbild, das Herausstellen kleinster Feinheiten. Ohne Hektik durchströmt Järvi ein dynamisches Vorwärts, das wenig Raum für Pathetik lässt.
Mit Verankerung

Brücken schlägt die Sinfonie in verschiedene Richtungen: Da ist der Rückbezug auf Beethoven – nicht von ungefähr redet man bei Brahms 1. augenzwinkernd von Beethovens 10. Sinfonie –, auf Bach und andere und gleichzeitig die starke Verankerung im Hier und Jetzt unter Järvis Dirigat. Man kann (und will) sich der Musik nicht entziehen.

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