ESTONIAN FESTIVAL ORCHESTRA / JÄRVI / MIDORI / AAVIK: HAPPY BIRTHDAY ARVO PÄRT – TONHALLE ZÜRICH 19.10.2025

ESTONIAN FESTIVAL ORCHESTRA / JÄRVI / MIDORI / AAVIK: HAPPY BIRTHDAY ARVO PÄRT – TONHALLE ZÜRICH 19.10.2025
Der grosse estnische Komponist ARVO PÄRT wurde kürzlich 90 Jahre alt. Grund genug für PAAVO JÄRVI und sein ESTONIAN FESTIVAL ORCHESTRA, ihn auch in Zürich mit einem ganzen Programm zu ehren. Und einmal mehr ist die Tonhalle komplett ausverkauft, Standing Ovations vorprogrammiert nach den gespielten Werken Pärts, der mittlerweile weltweit eine grosse Fangemeinde hat und zu einem der meistgespielten zeitgenössischen Komponisten zählt…
Im Programm des Tonhalle Orchesters findet man relativ häufig die stark reduzierten Werke Pärts, nun also ein ganzer Konzertabend mit dem Estonian Festival Orchestra und interessanter Werkauswahl, darunter auch „Tabula Rasa“, das Doppelkonzert für zwei Violinen, Streichorchester und präpariertes Klavier mit den beiden Solist:innen MIDORI und HANS CHRISTIAN AAVIK. Das Konzert jedoch beginnt mit der „Collage über B-A-C-H“, in der Pärt eigene Musik mit Zitaten der Musik von Johann Sebastian Bach verbindet, ein schöner Auftakt und wie bei vielen Werken Pärts kann man sich ganz fallen lassen und sich der Musik hingeben – das ist wohl auch der Grund dieser immensen Popularität Pärts, diese Art der Musik spricht die meisten Menschen an, denn dieser Ruhe und Schönheit seiner Klänge kann man sich fast nicht entziehen. Nach „Swansong“ (ursprünglich für Orgel und Chor als Auftragswerk der Salzburger Festspiele entstanden) folgt dann für mich das Programm-Highlight: „Perpetuum Mobile“, in dem mit jedem Takt ein neues Instrument oder eine neue Instrumentengruppe hinzukommt, man dieser Musik wie einer sich nach oben schraubenden Spirale folgt, die sich dann auch zuletzt wieder verflüchtigt, das ist wunderbar, fast schon meditativ und bei vollem Orchestereinsatz gleichzeitig wuchtig und beeindruckend.
„Collage über B-A-C-H“ für Streicher, Oboe, Cembalo und Klavier – „Swansong“ – „Perpetuum Mobile“ – „La Sindone“ – „Tabula Rasa“, Doppelkonzert für zwei Violinen, Streichorchester und präpariertes Klavier – Encore: „Passacaglia“ für zwei Violinen – „Da pacem Domine“ für Streichorchester – Encore: „Estonian Lullaby„
Beeindruckend ist auch und immer wieder „Tabula Rasa“, virtuos musiziert von den beiden Solist:innen des Abends MIDORI und HANS CHRISTIAN AAVIK, ein Werk, bei dem man zuletzt das Gefühl hat, sich musikalisch in die Unendlichkeit zu bewegen, dem man sich zuletzt fast schon meditativ hingeben kann, sofern man sich darauf einlässt, dazwischen immer wieder ein Arpeggio des präparierten Klaviers, das quasi dieses Stück gliedert und aufteilt und diesem Struktur verleiht.

Ein Grossteil der anfangs riesigen Orchesterbesetzung hat mittlerweile, nach „La Sindone“ das Podium verlassen, so dass für „Tabula Rasa“ und bis zum Ende des Konzertes nur noch eine Streichorchesterbesetzung zu hören ist. Diese spielen mit den Solist:innen als Zugabe die „Passacaglia“ für zwei Violinen und als letztes Werk im Programm „Da pacem Domine“, entstanden 2004, begonnen 2 Tage nach den Madrider Zuganschlägen und seitdem jedes Jahr in Gedenken an die Opfer ebendort aufgeführt. Järvi beendet das Konzert mit einem Schlaflied Pärts, dem „Estonian Lullaby“, ich finde das ganz nett, entlässt mich aber nach den grossen wuchtigen Momenten mit diesem – logischerweise – etwas einschläfernden Eindruck nach Hause. Und nicht nur bei „La Sindone“ ist es zu hören, Pärts Werke haben immer diese religiöse Prägung, kann man mögen, kann man auch einfach ignorieren und die Musik einfach als Musik hören, ohne diesen persönlichen Aspekt des Komponisten, genial sind diese oft vermeintlich einfach klingenden Tonfolgen allemal, häufig lullen sie mich ein, haben für mich oft den selben Impact wie das ein oder andere Werk von Philip Glass. Und natürlich gibt es auch von ihm Werke, die man nicht oft genug hören kann (wie etwa „Cantus in memoriam Benjamin Britten“ oder „Fratres“). Nach dem zuletzt besuchten Konzert des Estonian Festival Orchesters 2018 nun also erneut ein lohnenswerter Abend unter Paavo Järvi, Standing Ovations in der ausverkauften Tonhalle mit einem ungewöhnlich durchmischten Publikum – Happy Birthday Arvo Pärt und besten Dank für diese immer wieder wunderbare Musik, die offenbar nicht nur die üblichen Konzertbesucher:innen anspricht!
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