Lieder und Tänze am Ostseestrand

deutschlandfunkkultur.de
Michael Volker
13.08.2019

Paavo Järvi dirigiert alljährlich das Estnische Festival Orchester im Badeort Pärnu. (picture alliance/Fredrik von Erichsen)

Seit acht Jahren beglückt die Järvi-Familie das estnische Ostseebad Pärnu mit einem Musikfest. Das festivaleigene Orchester spielt Musik von Tschaikowsky und Tüür – und der Bass Ain Anger singt Mussorgskys Lieder und Tänze des Todes.

Paavo Järvi gehört zur großen und einflussreichen Järvi-Familie. Mit seinem Vater Neeme Järvi, seinem Bruder Kristjan und vielen anderen Verwandten, Geschwistern, Onkel, Cousinen und Cousins haben sie das kleine Estland zur großen Musiknation gemacht. Zu ihrem Wirken gehören Auftritte und Dirigierverpflichtungen bei allen wichtigen Orchestern und in allen Konzerthäusern der Welt, aber auch die Arbeit im eigenen Land, das sie zu Zeiten der sowjetischen Okkupation verlassen hatten.

Festival in der Sommerhauptstadt

Das Festival im renommierten Badeort Pärnu, die auch als estnische Sommerhauptstadt gilt und zugleich ein wichtiger Hafen ist, hat Paavo Järvi zusammen mit seinem Vater Neeme vor acht Jahren ins Leben gerufen. Vorher hatte es in Pärnu schon ein Festival gegeben, das an die Aufenthalte des legendären Geigers David Oistrach erinnerte. Der verbrachte bis 1971 seine Sommerurlaube in der Stadt.

Schwieriger Nachbar Russland
Die kulturelle Bindung zum schwierigen Nachbarn Russland ist in Estland durchaus noch gegeben, nicht nur weil die russischsprachige Minderheit in Estland nennenswert groß ist und sich von der russischen Staatspropaganda beeinflussen lässt. So verwundert es nicht, dass in diesem Festivalkonzert überwiegend russische Werke erklingen.

Die zweite Sinfonie Peter Tschaikowskys gehört zu den selten gespielten Juwelen in seinem Schaffen. Sie trägt zwar den Untertitel „Kleinrussische“ oder auch „Ukrainische“, weil der Komponist in ihr Volksmelodien des südwestrussischen Grenzlandes verwendet hat, doch andererseits zeigt sie Tschaikowsky ganz in der Tradition der romantischen Sinfonik Europas.
Erkki-Sven Tüür wird 60

Eigentliches Hauptthema des 9. Pärnu Musikfestivals war das Schaffen des estnischen Komponisten Erkki-Sven Tüür. Er wird in diesem Jahr 60 Jahre alt und ist nach Arvo Pärt der bekannteste estnische Komponist.

Aus seinem umfänglichen Orchesterschaffen hatte Parvo Järvi für dieses Konzert des Estnischen Festivalorchesters (ebenfalls eine Gründung Paavo Järvis aus demselben Jahr, 2011) das Werk „Sow the Wind“ von 2015 ausgesucht. Järvi kennt dieses Stück sehr gut, denn er hat es selbst mit dem Orchestre de Paris uraufgeführt.
Gefeierter Sänger mit Weltkarriere

Als gefeierter Sänger in Wagner-Opern hat der estnische Bass Ain Anger weltweit Karriere gemacht. In diesem Festivalkonzert profiliert er sich auf seinem zweiten Spezialgebiet, dem russischen Kernfach.

Der estnische Bass Ain Anger (Agentur Harrison Parrott)

Er singt eine Arie des Fürsten Gremin aus Peter Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ und die derb-theatralischen „Lieder und Tänze des Todes“ von Modest Mussorgsky. Diese ergreifenden und zugleich bizarr-ironischen Stücke hat Dmitrij Schostakowitsch instrumentiert und damit in den großen Konzertsaal eingeführt.

Pärnu Music Festival
Konzerthalle Pärnu
Aufzeichnung vom 21. Juli 2019

Erkki-Sven Tüür
„Sow the Wind“ für Orchester

Modest Mussorgsky
„Lieder und Tänze des Todes“ für Bass und Orchester

Peter Tschaikowsky
Arie des Fürst Gremin aus der Oper „Eugen Onegin“
Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 17 „Kleinrussische“

Ain Anger, Bass
Estonian Festival Orchestra
Leitung: Paavo Järvi

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