PAAVO JÄRVI LOCKT NACH ESTLAND

BR Klassik

19.07.2023 

Walter Weidringer

Charmant und unprätentiös: Hier treffen sich Musikerinnen und Musiker von jung bis alt, Nachwuchs und Stars. Der Dirigent Paavo Järvi lädt zum Pärnu Music Festival in Estland – ein Ort, an dem er als Junge prägende Sommer verlebt hat.

Pinchas Zuckerman und Paavo Järvi | Bildquelle: Kaupo Kikkas

Bildquelle: Kaupo Kikkas

Selten ist der Schauplatz eines internationalen Musikfestivals so "klein" im besten Sinne geblieben, so tiefenentspannt, so lächelnd ruhig. Gewiss, das "Pärnu muusikafestival", wie es auf Estnisch heißt, findet in der heutigen Form "erst" zum 13. Mal statt. Aber die Historie der Stadt als Sommerresidenz von Musik und Musikern reicht wesentlich weiter zurück. Dass freilich die Zeit seit 2011 eine kontinuierliche Erfolgsgeschichte werden konnte und das Festival heute einen besonderen Ruf besitzt, hat es dem Dirigenten Paavo Järvi zu verdanken, der seither als Künstlerischer Leiter fungiert. Und der genau hier in Pärnu als Junge prägende Sommer verlebt hat.

IN PÄRNU GIBT ES WENIG ABLENKUNG

In berühmteren Festspielhochburgen regieren oft Lärm und Trubel, die der Kunst auf den Pelz rücken. Es mag wohl auch an der estnischen Mentalität liegen, dass man im Gegensatz dazu in Pärnu noch den Eindruck gewinnt, die Musik könne aus der vorhandenen Stille erwachsen. Ablenkungen gibt es wenige, davon profitiert auch das Publikum. Herrlich aus der Zeit gefallen und doch auch behutsam modernisiert, so erscheint Pärnu mit seinen rund 52.000 Einwohnern heute – und selbst der drei Kilometer lange, seichte Sandstrand ist nicht überlaufen. 

IN PÄRNU TRAF SICH SCHON FRÜHER DIE MUSIKALISCHE ELITE

Der Dirigent Neeme Järvi | Bildquelle: Kaupo KikkasIm Juni 86 Jahre geworden: Neeme Järvi, Vater von Paavo und Kristjan Järvi | Bildquelle: Kaupo Kikkas1251 vom Deutschen Orden unter dem Namen Pernau gegründet, nahm die Hansestadt an der nordöstlichen Rundung des Rigaer Meerbusens seit 1838 einen Aufschwung als Bade- und Kurort. 1918 wurde nicht etwa in Tallinn, sondern hier die Unabhängigkeit vom revolutionär zerfallenen Zarenreich ausgerufen. Die installierte Republik fand dann 1940 mit der Besatzung durch die Rote Armee ihr vorläufiges Ende. In Sowjetzeiten gab es keinen "westlicheren" Ort als Pärnu, hier traf sich im Sommer auch die musikalische Elite: Der große Geiger David Oistrach veranstaltete schon ein kleines Festival, ein berühmtes Foto zeigt den Jungen Paavo mit seinem Vater, dem Dirigenten Neeme Järvi, und dem musikalischen Übervater Dmitri Schostakowitsch, der hier gleichfalls Urlaub machte. 

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