Yundi Li: Virtuos, aber mit Format und Poesie


Von Christoph Forsthoff
Dresdner Neuste Nachrichten

Ja, gibt Yundi Li unumwunden zu, er genieße es schon, wenn das Publikum bei seinen Auftritten außer sich gerate, die Fans regelrecht "crazy" würden. "Schon verrückt, wenn einige Mädchen mir bei meiner Tour durch Japan nachgereist sind und ich nach all meinen Konzerten immer wieder diese selben Gesichter gesehen habe..."

Dabei ist Yundi Li "nur" Pianist, turnt nicht über die Bühne wie Robbie Williams, sondern spielt Chopin und Liszt - des letzteren 1. Klavierkonzert auch bei seinem Gastspiel unter Paavo Järvi ab Sonntag bei der Sächsischen Staatskapelle in der Semperoper. Doch in Asien ist der 22-jährige Chinese ein Superstar, kann der smarte Flügel-Flitzer kaum über die Straße gehen, ohne dass es zu Aufläufen begeisterter Fans kommt. Vor drei Jahren schoss sein Debütalbum in den taiwanesischen Pop-Charts auf Platz sechs, in Hongkong kam es zur Massenhysterie, als der Tasten-Stürmer 14 Tage nach Veröffentlichung Platin für 50 000 verkaufte Alben erhielt. Was der Künstler so kommentiert: "Schön, dass es so viele Menschen gibt, die meine Musik lieben - oder was auch immer..."

Ihn natürlich - auch wenn sich auf seinen weichen, androgynen Gesichtszügen nur ein großes Fragezeichen zeigt bei der Frage nach Klassik-Groupies. Denn spätestens seit seinem Werbespot für eine Handy-Firma ist der attraktive Klavier-Knabe in Asien zum Teenie-Schwarm avanciert (und sein letztjähriger Clip für Nike mit Radsport-Gigant Lance Armstrong hat gleich für den nächsten Popularitätsschub gesorgt), herrscht bei seinen Konzerten Massenandrang, und nicht nur junge Mädchen feiern den Chinesen wie einen Popstar. "Einige von ihnen haben nie zuvor klassische Klavierstücke gehört - und nun erzählen sie mir, wie sehr sie meine Musik mögen: Das macht mich schon sehr glücklich."

Und erst recht die Klassik-Branche: Denn der Junge aus dem kleinen Dorf Chongquing im Süden Chinas hat im Oktober 2000 die Klavier-Welt auf den Kopf gestellt, als er nach Warschau kam, 97 andere Teilnehmer aus dem Feld spielte und beim berühmten Chopin-Wettbewerb siegte. Und die Juroren staunen ließ, dass sich da kein stupend-perfekter Techniker präsentierte, sondern ein Chopin-Virtuose von Format, Geschmack und Poesie. "Ich fühle mich bei Chopin sehr wohl", meint Yundi Li - und fügt hinzu: "Er ist ein sehr emotionsbetonter und romantischer Mensch, dessen Musik direkt ins Herz geht." Sätze, die auch die Deutsche Grammophon freuen dürften, wo er sich nach Liszt und Chopin nun an Mozart und Schumann wagt.

Sonntag, 11 Uhr, 17. und 18. Oktober, jeweils 20 Uhr in der Semperoper: Yundi Li (Klavier), Sächsische Staatskapelle Dresden, musikalische Leitung Paavo Järvi, Auf dem Programm stehen neben Liszts 1. Klavierkonzert Wagners Vorspiel zu "Parsifal" und Schumanns 2.Sinfonie.

Karten: 0351 /49 11 705
letzte Aktualisierung von 14.10.2005

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