CD REVIEW: Bruckner 7

November 19, 2008


Paavo Järvi dirigiert Bruckners 7. Sinfonie

Coverausschnitt: Paavo Järvi dirigiert die 7. Sinfonie von Bruckner © Sony BMG

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7, E-Dur , WAB 107
HR-Sinfonieorchester
Dirigent: Paavo Järvi
Sony BMG, RCA Red Seal
LC 00316

Vorgestellt von Friederike Westerhaus

Bereits in den 80er-Jahren hat das HR-Sinfonieorchester - damals noch Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt – mit seinen Bruckner-Einspielungen auf sich aufmerksam gemacht. Am Pult stand der damalige Chefdirigent Eliahu Inbal, ein Experte für die Musik Anton Bruckners. Er setzte sich vor allem für die Originalfassungen der Bruckner-Sinfonien ein. Nun tritt ein neuer Dirigent in seine Fußstapfen: Paavo Järvi. Er ist seit 2006 Chefdirigent des HR-Sinfonieorchesters und will mit dem Orchester einen weiteren Zyklus der Bruckner-Sinfonien vorlegen. Ein ehrgeiziges und umfangreiches Projekt. Die erste CD ist gerade bei Sony BMG erschienen, zu hören ist darauf die 7. Sinfonie. 

Ein regelrechter Werbefeldzug 

Ein regelrechter Werbefeldzug ging der Uraufführung von Bruckners 7. Sinfonie im Dezember 1884 in Leipzig voraus: Dirigent Arthur Nikisch lud höchstselbst Journalisten ein und führte sie in das Werk des in Deutschland bis dato recht unbekannten österreichischen Komponisten ein. Und kurz vor der Aufführung spielte der überragende Orgelvirtuose Anton Bruckner in Leipzig ein Orgelkonzert, in dem er über das Adagio aus der 7. Sinfonie improvisierte.

Die Uraufführung war ein durchschlagender Erfolg. Die Siebte begründete Bruckners Weltruhm als Komponist - und ist bis heute ungeheuer populär. Nicht dumm also, dass Paavo Järvi ausgerechnet die 7. Sinfonie wählte, um mit ihr den Grundstein für seinen neuen Bruckner-Zyklus mit dem HR-Sinfonieorchester zu legen. Diese Sinfonie besticht durch ihren überbordenden Melodienreichtum, ihre Eingängigkeit und Direktheit. Die Architektur des Werks ist weniger gewaltig und kompliziert als bei anderen Bruckner-Sinfonien. 

Nicht verklärt, sondern erfrischend menschlich 

Diese Einspielung lässt auf das Bruckner-Bild Paavo Järvis schließen: sein Bruckner ist nicht verklärt oder heilig, sondern erfrischend menschlich. Statt nur auf imposantes Volumen und große Flächen zu setzen, arbeitet Järvi die inneren Strukturen der Musik heraus. Brüche, aber auch genussvolle oder gar verspielte Momente klingen auf, er kitzelt Nebenstimmen hervor, ohne dabei in Kleinteiligkeit zu verfallen. Die lichten Elemente in diesem Werk bringt er ebenso zum Ausdruck wie seine berührende Gesanglichkeit.

Die großen Bögen verliert Järvi dabei nicht aus den Augen. In dem berühmten, fast 23-minütigen Adagio gelingt es ihm, die Spannung bis zum Kulminationspunkt kurz vor Schluss anzustauen. Und auch in den ausgedehnten Ecksätzen bricht seine Dramaturgie zu keinem Moment in sich zusammen. Dennoch: die Umsetzung durch das Orchester offenbart, dass Dirigent und Musiker in dieser live-Aufnahme noch keine echte Symbiose bilden. Einige Übergänge sind nicht ganz akkurat gestaltet, der Gesamtklang könnte manchmal noch wärmer und intensiver sein, vor allem die ersten Violinen klingen mitunter etwas zu scharf. Das aber sind Punkte, die Järvi und das HR-Sinfonieorchester in den Griff bekommen dürften, wenn sie schon etwas länger auf dieser gemeinsamen Reise zu Anton Bruckner unterwegs sind.  

Diese Siebte zeigt eines ganz deutlich: Paavo Järvis Interpretations-Ansatz ist sehr überzeugend. Es wird spannend, die Fortsetzung dieses Zyklusses zu beobachten.

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