LUCERNE FESTIVAL/ERÖFFNUNGSKONZERT: „IM MUSIKALISCHEN PARADIES“

 Opera Magazin

16.08.23

Lucerne Festival/Eröffnungskonzert 2023/P. Järvi/ Foto: © Priska Ketterer/Lucerne Festival

Dieses Jahr steht das Lucerne Festival unter dem Motto „Paradies“ und wenn man am vergangenen Freitag in Luzern angekommen ist, die wunderbare Aussicht, das herrliche Wetter, Schiffe, die im Sonnenlicht auf dem See glänzten und die vielen staunenden Touristen gesehen hat, wähnte man sich tatsächlich ein wenig wie im Paradies.(Rezension des Konzerts v.11. 08.2023)

 

 

Wie jedes Jahr bei der Eröffnung, wird der festliche Anlass im ersten Teil mit Begrüßungsrede, Dank und Ansprachen gefeiert. Markus Hongler, Stiftungsratspräsident und Intendant Michael Haefliger zeigten sich mehr als erfreut, das traditionelle Festival endlich wieder ganz ohne Einschränkung eröffnen zu können, nachdem dies wegen der Pandemie während mehreren Jahren nicht möglich war. Die Eröffnungsrede wurde von Abt Urban Federer gehalten, der seine Ausführungen dem „Paradies“ gewidmet hat. Seine interessante Deutung des Begriffs Paradies, von dessen Existenz jeder Mensch sich seine eigene Vorstellung hat, machte nachdenklich. Das Grußwort des Bundesrates überbrachte Elisabeth Baume-Schneider, seit Anfang dieses Jahres Mitglied der Landesregierung. Sie betonte die Wichtigkeit dieses Festivals und bemerkte in einem humorvollen Nebensatz, dass in der Politik und im Parlament paradiesische Zustände eher selten festzustellen sind.

Der eigentliche Anlass dieses Abends war jedoch das Konzert des Lucerne Festival Orchestra. Für dieses Festival vereinen sich jeweils im Sommer hervorragende Solisten aus ganz Europa zu einem weltweit wohl einzigartigen Ensemble der Freunde. Die Idee stammt von Maestro Claudio Abbado, welcher im Sommer 2003 das erste Konzert dirigierte und bis 2013 für glanzvolle und bis heute unvergessliche Konzerterlebnisse sorgte. Nach seinem Tod im Januar 2014 übernahm Andris Nelsons dessen Funktion und im Jahr 2015 bestritten er und Bernard Haitink die Leitung der Konzerte gemeinsam. Seit  2016 ist Maestro Riccardo Chailly Chefdirigent. Leider war es Riccardo Chailly aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, das Jubiläumskonzert anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Orchesters zu dirigieren.

Lucerne Festival/Eröffnungskonzert 2023/P. Järvi/ Foto: © Priska Ketterer/Lucerne Festival

Man fand mit Paavo Järvi, Music Director des Tonhalle-Orchesters Zürich, welcher sich kurzfristig bereit erklärte, dieses ganz besondere Konzert zu dirigieren und zum ersten Mal mit diesem Orchester zu musizieren, eine hervorragende Lösung. Für ein solches Jubiläumskonzert muss die Wahl des Werkes sehr sorgfältig getroffen werden und man einigte sich auf Gustav Mahlers „Sinfonie Nr. 3 d-Moll“. Mit dieser monumentalen, fast 100 Minuten dauernden Sinfonie wurde man der hohen Herausforderung aufs schönste gerecht.

Gustav Mahler hatte im Alter von 32 Jahren im Sommer 1892 die ersten Ideen zu diesem Werk und schrieb 1895, wiederum in den Sommermonaten, am Attersee den zweiten Satz. Es folgten die Sätze drei bis sechs und erst ein Jahr später komponierte er den gewaltigen Kopfsatz. Den Uraufführungen einzelner Sätze in den Jahren 1896 und 1897 folgte dann am 9. Juni 1902 die erste Gesamtaufführung der Sinfonie unter der Leitung des Komponisten mit der Städtischen Kapelle Krefeld und dem Gürzenich-Orchester Köln. Dass zwischen der ersten Idee und der ersten Aufführung der ganzen Sinfonie zehn Jahre verstrichen waren, zeigt, wie sehr sich der Komponist mit diesem Werk auseinander gesetzt hat.

Was man an diesem Abend im akustisch hervorragenden Konzertsaal des KKL Luzern zu hören bekam, darf man ebenfalls mit dem Wort „paradiesisch“ bezeichnen. Für ein derart gewaltiges Werk benötigt man ein hochkonzentriertes Orchester, einen Damenchor und einen Kinderchor, sowie eine Solistin und vor allem einen Dirigenten, der es versteht, den großen Klangkörper zu einer Gesamtleistung zu führen und das Publikum in Bann zu ziehen.

Eben das ist an diesem Abend grandios geschehen. Paavo Järvi gelang es, mit seiner umsichtigen und nie auf Effekt setzenden Leitung, jede Nuance dieses enormen Werkes auf allerhöchstem Niveau erklingen zu lassen. Man staunte während der ganze Aufführung über die einzelnen solistischen Leistungen, wie dem wunderbaren Posthornsolo aus der Ferne, meisterhaft gespielt von Jeroen Berwaerts, den glanzvollen Bläsern, den beeindruckenden Schlaginstumentalisten und dem Zusammenspiel dieses grandiosen Orchesters.

Lucerne Festival/Eröffnungskonzert 2023/W. Lehmkuhl/ Foto: © Priska Ketterer/Lucerne Festival

Die Solistin Wiebke Lehmkuhl sang mit schönster Altstimme die mahnenden Worte „Ach Mensch! Gib Acht!“ im vierten Satz. Zusammen mit den Damen des Chors des Bayerischen Rundfunks, einstudiert von Peter Dijkstra und dem Kinderchor der Luzerner Kantorei, einstudiert von Eberhard Rex, wurde ein Wohlklang von höchster Qualität geschaffen.

Dass die Magie dieses Abend auf die Zuhörer übergesprungen ist, bewies die unglaubliche Ruhe im ausverkauften Saal während des ganzen Konzerts. Auch am Ende der Sinfonie blieb das Publikum für eine Weile still und liess die letzten Klänge auf sich einwirken, bevor alle Ausführenden mit einem begeisterten Jubelorkan gefeiert wurden. Wer das Glück hatte, diesen Abend miterleben zu dürfen, verließ das KKL begeistert und musikalisch berauscht.

In einzelnen Ländern kann dieses Konzert auf ARTE CONCERT angehört werden. Radio SRF2 Kultur sendet das Konzert am 28.12.2023 um 20.00 h.

 

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