Schumann-Projekt schreitet voran

Weser Kurier
Markus Wilks
05.01.2013
Die Deutsche Kammerphilharmonie mit ihrem Dirigenten Paavo Järvi bei Filmaufnahmen im Pier 2.
Die Deutsche Kammerphilharmonie mit ihrem Dirigenten Paavo Järvi bei Filmaufnahmen im Pier 2.
Bremen. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen hat jetzt eine weitere CD ihres Schumann-Zyklus’ herausgebracht. Das Orchester präsentiert sich wieder auf höchstem Niveau.
Die jüngst veröffentlichte neue CD aus der Schumann-Reihe der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ist künstlerisch nicht zu schlagen und wird weltweit positive Resonanz bekommen – und damit nahtlos an die erste CD sowie den auf DVD veröffentlichten Film "Schumann at Pier 2" anknüpfen. In diesem Jahr soll zum Abschluss noch die 4. Sinfonie erscheinen.
Paavo Järvi und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen haben sich nicht nur beim Publikum, sondern insbesondere auch bei der Presse zu Lieblingen der Klassikbranche entwickelt. Gerade wurde in Wien anlässlich eines Doppelkonzerts mit allen Schumann-Sinfonien offiziell die zweite CD des Schumann-Projekts mit der Sinfonie Nr.2 und Ouvertüren vorgestellt (RCA Red Seal/Sony).
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen spielt unter der Leitung von Paavo Järvi wieder einmal auf höchstem Niveau und mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht. Selbst wenn der Klangkörper größer besetzt ist als im klassischen Repertoire eines Kammerorchesters, bleibt der schlanke, vibratoarme Ton der Streicher die prägende Basis des Klangbildes, der zusammen mit dem betont emotionalen, großen Klang und dem leidenschaftlichen Spiel zu einer Marke des Orchesters geworden ist. Diese schroffe, im Adagio unvergleichliche Klangwelten aufzeigende Ausdrucksweise harmoniert ideal mit Schumanns unkonventioneller, bisweilen verstörender Komposition.
Bei dieser energetisch aufgeladenen, absolut transparenten Spielweise verwundert es nicht, dass Järvis Schumann in gewissen Momenten der Raserei eines Tschaikowskis nahekommt oder (im Adagio) der expressiven Ausdruckswelt eines Mahlers. Die Kammerphilharmoniker übertragen damit quasi Schumanns physische und psychische Leiden aus der Entstehungszeit der Sinfonie ins Heute. Da überrascht es nicht, dass Paavo Järvi im Film "Schumann at Pier 2" vom "Elektrisierenden der Musik" und einem Fieberwahn spricht und sich manchmal gar geniert, dem Orchester die "neurotischen" Elemente abzuverlangen. Auch dem Konzertmeister Florian Donderer und anderen Solisten merkt man die Verbundenheit mit dem Ausdruckskosmos der Schumann-Järvi-Welt an, etwa wenn der Geiger das Adagio der 2. Sinfonie als den "schönsten Satz aller Schumann-Sinfonien" bewertet.
Wie Profimusiker arbeiten, wie sie Musik empfinden und wie sie für ihren Beruf brennen, das kann man dem 98 Minuten langen Konzertfilm "Schumann at Pier 2" entnehmen (DVD und Bluray erschienen bei C Major). Er ist einzeln, aber auch im Bündel mit den vier Sinfonien erhältlich. Radio Bremen und die Deutsche Welle waren an der Koproduktion beteiligt. Letztere stellen im Internet etliche durchaus informative Seiten rund um die Produktion bereit.
Paavo Järvi steht nicht nur wegen der expressiven Interpretationen, sondern auch wegen seiner Art, die Musik zu kommentieren und zu erklären, in der Tradition eines Leonard Bernsteins. Er stellt uneitel Schumann und seine Musik in den Mittelpunkt, und ist doch der heimliche, kompetent und "cool" wirkende Star des Films. Järvi und einige Orchestersolisten, die subjektiv ausgewählte Stellen der Sinfonien erklären, kommentieren und vorspielen, kommen jeweils in einem weißen Nichts zu Wort, in den Proben- und Konzertausschnitten erkennt man das einfallsreich beleuchtete Pier 2 – eine gelungene und toll gefilmte Mischung.
Das einzige Manko des Films, das auf den DVDs mit den vier Schumann-Sinfonien freilich keine Rolle spielt, ist die Wahl der englischen Sprache für den Sprecher (deutsche Untertitel). Da erkennt man die Ausrichtung auf den internationalen Markt. Mit der Sinfonie Nr. 4 wird das Schumann-Projekt in diesem Jahr beendet.
Schon jetzt weckt diese CD Vorfreude, denn man kann sich kaum noch vorstellen, die herkömmliche Klangwelt beispielsweise eines Herbert von Karajan zu hören, ohne an Järvi und die Bremer zu denken.
http://www.weser-kurier.de/bremen/kultur2_artikel,-Schumann-Projekt-schreitet-voran-_arid,468439.html

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